23.01.2024

Briefe



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ID: 22905
Geschrieben am: Samstag 10.10.1891
 

Liebe Clara.
Es ist mir recht peinlich u. leid daß Dir das Erscheinen der Sinfonie so unerwartet kommt, es beruhigt mich jedoch daß Du nur vom Geschäftlichen der Sache sprichst. So sage ich denn zunächst, daß <sie> sie wohl für Niemand ein Geschäft ist u. auch für Dich doch nicht gut sein kann. Du hättest doch nur sehr, sehr wenig beanspruchen können wenn Härtels auf das Unternehmen eingehen sollten. Ob Wüllner für seine sehr großen Mühen ein (jedenfalls schmales) Honorar |3| bekommt, weiß ich nicht. Ich habe nur recht bedeutende Kosten für Abschriften gehabt, freue mich namentlich schöner Doppel-Partituren (in denen beide Lesarten Seite für Seite sich gegenüberstehen) – werde mir aber vermuthlich ein Exemplar kaufen müßen, wenn ich eines haben will.
Daß das Werk in dieser Gestalt erscheinen müße, war stets meine bestimmte Ansicht; gewußt hast Du darum u. auch – jedenfalls nicht nein dazu gesagt, dessen bin ich sicher. Nur ob ich einen Beweis dafür finde, ob es schriftlich oder mündlich geschehen, daß [sic] weiß ich nicht.
|2| Wenn ich Dir nicht öfter davon sprach oder schrieb u. in letzter Zeit nicht, so ist der Grund einfach der, daß ich leider durchaus nicht annehmen darf, meine Empfehlung u. meine Liebhaberei gelte bei Dir oder fände ein günstiges Vorurtheil. Das ist nun einmal so. Ich mag keine Beweise u. vor Allem keine Namen anführen, aber – wie gern hätte ┌ich┐ Dich auch jene schöne Doppelpartitur eingehender betrachten <u.> laßen, wäre Dein Gesicht nicht von Anfang an gar so zweifelhaft gewesen. Erst bei Müller’s Urtheil warst Du beruhigt, zufrieden u. die Sache für Dich erledigt. So mag ich denn auch jetzt nicht <versuchen> ausführlicher davon sprechen, wie sehr ich diese erste Lesart liebe und |4| bewundere u. ihr Erscheinen nöthig finde. Aber über Deine, wenn auch vielleicht nur stillschweigende, nicht verneinende Zustimmung bin ich, wie gesagt, nicht in Zweifel.
Hoffentlich geht nun Deine Aufregung nur das Geschäftliche der Angelegenheit an. Daß ich dabei Dein Interesse außer Acht ließ, wirst Du mir gewiß leicht verzeihen können, denn dies Interesse kann nicht schwer wiegen!
Weiter wüßte ich denn einstweilen nichts zu sagen u. grüße nur herzlichst hoffend es gehe mit Deinem Befinden immer besser.
Ganz Dein
Johannes.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
Absendeort: Wien
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Frankfurt am Main
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
2034ff.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus.Nachl. Schumann, K. 7,254
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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