23.01.2024

Briefe



Rückwärts
	
ID: 22849
Geschrieben am: Dienstag 24.07.1888
 

Liebe Clara!
Schon der Anblick Deines lieben Briefes erfreute mich gar sehr; „So viel Selbst-Geschriebenes,“ dachte ich, da ist der Rheumatismus doch nicht gar zu scharf u. wir wollen zufrieden sein.
Nun ließ ich es gleichwohl anstehen auf den lieben Brief zu erwiedern; Es lag mir eben etwas auf dem Herzen u. in den Gedanken das nicht aus der Feder wollte. Schließlich aber, es hilft nicht, nimm einmal alle Deine Güte u. alle gute Gesinnung für mich zusammen, höre u. sage dann ein freundliches Ja.
|2| Ich nehme an Allem was Dich betrifft den allerherzlichsten Antheil, so auch an all den Sorgen u. Mühen, die bei einem so reichen Leben nicht ausbleiben können – Dir aber in gar reichem Maaße zu Theil werden.
Von den kleineren, den Geld-Sorgen mache ich mir keine übertriebenen Vorstellungen u. Gedanken.
Aber es ärgert mich daß Du auch diese hast – während ich in Geld schwimme, ohne dies irgend zu merken u. ohne irgend Plaisir davon zu haben.
Ich kann, mag u. will nicht anders leben; es wäre unnütz den Meinigen mehr zu geben als ich es thue u. wo es mein Herz verlangt, kann ich in jedem Maaße helfen u. gut thun ohne es zu merken. Nach m. Tode aber habe ich keine Verpflichtungen oder besonderen Wünsche.
|3| Kurz, die Sachlage ist einfach. Der Tage ging es mir aber einmal wieder durch den Kopf, wie ich es nur anfangen könnte, Dir eine Summe zu schicken. Als reicher Kunstfreund mit anonymem Brief, als nachträgliche Einzahlung in den Schumann-Fond oder wie sonst. Ich kann nichts Derartiges thun, ohne irgend Jemand so weit ins Vertrauen zu ziehen, daß er das Richtige errathen kann.
Wenn Du mich dagegen für einen so guten Menschen ┌hältst┐ <als>┌wie ┐ ich es bin u. wenn Du mich so lieb hast wie ich es wünsche – dann wäre auch der zweite Theil der Sache einfach u. Du erlaubtest ganz ohne Weiteres, daß ich mit m. sehr überflüßigen Mammon mich z. B. dieses Jahr an Deinen Ausgaben für die Enkel mit etwa 10,000 <>M betheiligte.
|4| Simrock hat wieder einen ganzen Haufen Chöre, Quartette u. Lieder. Von dem schönen Honorar merke ich gar nichts, es wandert lautlos u. unnütz in die Reichsbank.
Nun denke, wie große Freude mir die Sachen u. das Honorar machten, wenn Du mir ein rundes, nettes „Ja“ sagtest. Weil jedes Ding aber 2 Seiten hat, so sage ich, daß ich mich im ungünstigen Fall entschließe, Simrock den Auftrag zu geben, jene Summe in den Schumann-Fond zu zahlen. Auf das Uebrige Deines lieben Briefes nächstens, für jetzt nur noch, daß ich in der Wieck’schen Angelegenheit sehr für vollständiges Schweigen bin. Ich denke, das Buch wird so schlecht sein daß es nicht ans eigentliche Tages-Licht kommt. Ich weiß nicht was man mir thun müßte, mich zu einer öffentl. Auslassung zu bringen.
Die gute Frau Röntgen wird grade gestorben sein! Julius war der Tage bei mir u. dann kam eine Depesche die ihn nach L. rief. Wie gesagt, nächstens weiter u. für Heute bitte ich nur um eine frdl. Corr. Karte auf der blos ein fröhliches Ja steht für Deinen alsdann sehr fröhlichen
Johannes

  Absender: Brahms, Johannes (246)
  Absendeort: Thun
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort: Franzensbad
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1838ff.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus.Nachl. Schumann, K. 7,211
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



Wir verwenden Cookies, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten (Mehr Informationen).
Wenn Sie auf unserer Seite weitersurfen, stimmen Sie bitte der Cookie-Nutzung zu. Ich stimme zu.