23.01.2024

Briefe



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ID: 22845
Geschrieben am: Dienstag 03.04.1888 bis: 10.04.1888
 

Liebe Clara,
ich möchte ein wenig dabei sein wenn Du vergnügt und froh aus England zurück kommst. Mancherlei Freude hat Dich wohl die Anstrengung leicht ertragen laßen u. das Resultat ist denn ja wirklich erfreulich. Ich aber habe mein ganz besonderes Gaudium daß Du meinem Trio so zärtlich gesinnt bist u. bleibst. Beiliegend die <C> Jugendlieder von R. Sch. Das wunderschöne aus der fis moll-Sonate kannst Du gelegentlich einem Sänger als ganz besondres Zeichen Deiner Huld verehren!
|2| Viel werthvoller ist mir der Besitz der ersten Lesart der d moll-Sinfonie. Ich habe die schönsten Abschriften jetzt, auch zusammengestellt u. gebunden mit der gedruckten Partitur. Leider nützt es nicht genug für Dein Vergnügen u. Dein Verständniß wenn ich sie Dir schicken wollte. Jeder der sie sieht ist meiner Meinung, daß die Partitur durch die Umarbeitung nicht gewonnen hat; an Anmuth, Leichtigkeit, Klarheit gewiß verloren. Leider aber kann ich nirgend einen gründlichen Versuch machen. In Köln hielt mich der Saal ab.
Joachim hatte die Part. den ganzen vorigen Winter bei sich, aber trotz seiner, <u> Herzogenberg u. Aller Ueberzeugung von der Vortrefflichkeit der Part. |3| ist ihr Interesse nicht so weit gekommen daß sie es probirt hätten.
Sprich doch einmal mit Müller, der gewiß für das Werk schwärmte u. der gewiß beim Einstudiren riesige Mühe hat. In dieser neuen (alten) Lesart wird er gar keine Mühe haben, nur Freude u. ich möchte gar zu gern daß Du es einmal hörtest – u. zur Abwechselung u. als Gegenbeweis die gewohnte Instrumentirung.
Grade Müller, der immerhin fein u. fleißig studirt, <t[?]> das vortreffliche Quartett u. den schönen Saal hat, wäre der Mann.
– Inliegend auch eine Karte für Fritsch deren Adreße ich nicht weiß.
Ich fürchte, nächstens brauche ich eine für den lieben Beckerath. Von Rud. Engelmann weißt Du wohl.
|4| Ich reise erst Ende d. M. (Mit Widmann aus Bern, wie Du wohl weißt.) über Bologna, Rimini, Ancona, Loreto nach Rom u. über Viterbo Florenz – zurück – wohin?
Bei Billroth hatten wir einen sehr hübschen Abend, an dem Zigeunerlieder für Quartett mit Pf. von mir gesungen wurden. So eine Art ungarischer Liebeslieder. So schön gesungen u. in so lustiger Gesellschaft hätte Dir das Zuhören wohl Vergnügen gemacht. Sonst möchten sie Dir zu fidel sein!
Bei Faber ein paar Chöre hättest Du aber wohl ganz gern gehört. Wenn Stockhausen nur einmal ein hübsches Quartett hätte käme ich, sie Dir vorsingen zu laßen.
Wahrscheinlich gehe ich wieder nach Thun, es ist doch sehr hübsch da u. ich brauche keine Wohnung zu suchen.
Jetzt will ich Dich aber endlich frei laßen u. sage nur noch schönste Grüße allerseits.
Von Herzen
Dein
Johannes.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
Absendeort: Wien
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Frankfurt am Main
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1815-1818

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus.Nachl. Schumann, K. 7,207
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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