23.01.2024

Briefe



Rückwärts
	
ID: 22687
Geschrieben am: Mittwoch 01.08.1877 bis: 10.08.1877
 

Aug. 77.
Liebe Clara,
Ich glaube nicht daß Du nöthig hast über weitere Bedingungen nachzudenken. Du darfst das P. S. in Härtels Brief ernst nehmen; sie werden nie widersprechen wenn Du später u. im betreffenden Fall zu wünschen hast. Erfahrung habe ich ja auch keine hierin!
Es ist lächerlich, aber ich glaube ohne m. Brief wäre die schöne Sache nicht zu Stande gekommen!
Ich weiß nun wie ernsthaft Dein Vorschlag wegen der Hälfte des Honorars ist – aber leider habe ich gar keine Lust oder Geduld ernsthaft u. ausführlich darauf zu erwidern.
Laß es gehn bis wir einmal zusammen plaudern. Du weißst ja |2| daß ich ┌es┐ gewohnt bin u. sehr leicht ein paar tausend Mark in die Hand nehme – einstweilen gewöhne Dich auch ein klein wenig an den Gedanken daß ich Dir u. Deinem Mann gegenüber gewißermaaßen u. unter Umständen u. so zu sagen u. überhaupt – u dann strenge Deinen Verstand an u. dann wolle nicht alles Herz alleine haben sondern laß Andern ein klein Stück.
Aber eine höchst nöthige Bedingung ist: daß Härtels Dir das Geld vor der Inangriffnahme der Ausgabe <a[?]> zahlen. Wenigstens die Hälfte in diesem Jahre wo Du anfängst zu arbeiten! Die 2te Hälfte – dann oder dann.
Das mußt Du mit einem praktischen Mann überlegen.
<Eigentlich könnten sie jetzt gleich> |3| <das Geld geben>
Deine Arbeit kann ja vor dem Erscheinen beendet sein u. jedenfalls versäumst Du andern Verdienst deshalb.
Thätest Du blos die nöthige Arbeit daran, so wäre diese allerdings gut bezahlt – Du wirst Dir aber viel mehr Arbeit machen als nöthig u. als mit 10,000 Th bezahlt wird!!!
Bei den Orchester u. Chorsachen wüßte ich einstweilen nicht, was der Redakteur viel zu thun hat.
Das Schwierige sind nur die ersten Claviersachen u. namentlich die, welche Dein Mann zweimal herausgegeben hat.
Ich habe neulich Wüllner u. Iwan Knorr (einen jungen Russen, der ganz vorzüglichste Orchester-Variationen geschrieben hat) <bis Lienz> begleitet u. bin dann 2 Tage im Ampezzo-Thal spazieren gegangen – Schöner kann man sicher nicht spazieren gehen!
|4| Unsre Landschaft gleicht beiläufig der vom Starnberger See, nur haben wir größere Berge im Hintergrund, die Karawanken. ┌Auf dem heutigen Bild siehst Du M. W. vom Ufer; unser Pörtschach liegt gegenüber, links.┐ Aber im Ampezzo-Thal wärst Du entzückt gewesen! Ueber Alles, die Berge (Dolomiten-Felsen von den eigenthümlichsten Formen u. Farben, daß man sich nicht satt sieht) die Seen, die Blumen, die prachtvolle Straße u. was Alles.
Große Freude war mir Wüllners Besuch – über s. Angelegenheit mag ich freilich nicht erst schreiben.
Für Elise wiederhole ich den allerherzlichsten Glückwunsch u. für Euch Alle die besten Grüße.
Nochmals erinnere ich an die Bedingung, das Honorar von jetzt ab zu zahlen. Auch etwaige „trübe Ahnungen“ brauchen Dir keine Skrupel zu machen. Ich bin ja Mitarbeiter u. Dein Name auf dem Titel ist ja auch vor der vollendeten Arbeit berechtigt.
Laß recht bald hören
Deinen Johannes

  Absender: Brahms, Johannes (246)
Absendeort: Pörtschach am See
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Spinabad
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1390-1393

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus.Nachl. Schumann, K. 7,160
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



Wir verwenden Cookies, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten (Mehr Informationen).
Wenn Sie auf unserer Seite weitersurfen, stimmen Sie bitte der Cookie-Nutzung zu. Ich stimme zu.