23.01.2024

Briefe



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ID: 22677
Geschrieben am: Freitag 31.12.1858
 

d. 31ten Dec. 1858.
Liebe Clara,
Jetzt sind m. Koffer schon auf der Post, den Fahrschein habe ich schon in der Tasche u. Morgen Früh um 7 Uhr kann’s losgehn.
Einen Gruß muß ich Dir noch schreiben, ich konnte nicht eher wieder dazu kommen.
Die Prß. hat inzwischen noch beide Concerte von Mozart (G dur u. A dur) wiederholt, u. die Bach’sche Cantate u. der Messias schloßen Gestern unser Musiciren. Ich habe noch in der letzten Woche das Concert von R. S. gespielt.
|2| Dein Brief über m. Noten war mir eine rechte Weihnachtsfreude. Ich will denn auch nichts zu sagen haben. Ich habe Deinen Brief schon mit weggepackt, sonst würde ich Dir in jedem möglichen Lob Recht geben u. jeden Tadel (Hilleriana) gar bestreiten, damit Du sähest daß mich das Lob freut.
Den Faust, den ich immer noch vergebens erwartete, habe ich mir auch noch als Weihnachtsfreude gedacht.
Das Buch was ich schickte, konnte ich leider nicht erst binden lassen, ich fand es nicht vorräthig u. mußte es verschreiben wo es dann zu spät kam.
|3| Denk Dir, von der Prß. habe ich die große Bach-Ausgabe zu Weihnachten bekommen! Anständiger kann man nicht schenken. Daß ich sie schon habe, hat sie nicht gewußt u. natürlich auch nicht erfahren. Ich denke, das findet einen Mann der’s verdient. Wenn Dir einer vorkommt, so nenne ihn.
Ein schönes Stereoskop bekam ich von einer Fr. v. Donop, die eifrig Stunden nahm u. sie mir mit 2 rh bezahlte. Baumkuchen, unnütze Bücher, Tasse, Glas, Flasche was des Zeugs mehr ist!
Die Hofmarschällin habe ich wenig gesehen, in der letzten Zeit fast gar nicht, es war viel Krankheit in ihrer Familie.
|4| Schließlich komme ich nun zum 2ten Mal mit der Frage u. Bitte, ob Du m. Concert hier spielen u. m. Serenade hier hören willst?
Wenn Du mir überhaupt die Freude machen willst, so schreibe mir einmal wann Du etwa könntest; Febr., März, April; Es läßt sich dann ja bedenken.
In der letzten Zeit sprach ich viel mit den Durchlauchtigsten über das, mein liebes Project u. sie bitten so dringend u. herzlich wie ich. Prß. Fr. grüßt Dich sehr u. würde sich königlich freuen.
Wenn Du gar etwa 8 Tage Zeit hättest, würdest Du ganz gewiß |5| gern hier sein. Wir laufen spazieren, probiren u. werden uns sicher nicht langweilen.
Doch Du weißt ja Alles u. ich bitte Dich nun, recht schön zu überlegen u. mir zu schreiben.
Nächstes Jahr bin ich vermuthlich unter gleichen Bedingungen hier.
Mit m. Spiel in Hann. ist noch nichts fest. Gestern hatte ich aber von Leipzig zum 3ten Febr. ein Engagement.
In Hann. wär’s der 22te Jan. u. in Hbg. im März. Wo kommst Du hin mein Concert zu hören?
Nach Leipzig? u. nach Hbg.? u. nach Hann.?
Schreibe mir nach Hannover durch J. J.
Ich gehe für 2, 3 Tage nach Göttingen |6| bis Joachim über Gött. nach Hann. reist u. mich mit nimmt.
Lebe wohl, liebe Clara, u. laß mich bald von Dir hören u. fange schön mit mir an zu berathen wegen Detmold.
Ein schönes neues Jahr wünsche ich Dir.
Herzlich Dein
Johannes.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
  Absendeort: Detmold
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Wien
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
589-592

  Standort/Quelle:*) D-B: Mus. Nachl. K. Schumann 7,105
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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