23.01.2024

Briefe



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ID: 22650
Geschrieben am: Sonntag 28.02.1858
 

Sonntag Nachm.
Herzliebe Clara,
Ich mußte Gestern Ab. u. Heute in aller Eile Adagio u. Rondo abschreiben (die Clavierst.<)>in die Part.). Stimmen corrigieren damit sie doublirt werden können[,] beide Abschreiber warten darauf.
Verzeih deshalb den späten u. vielleicht kurzen Brief, ich habe genug geschrieben.
Mein<en>Concert wird also auch nicht hier gemacht! Alles echt Hamburgisch. Cranz gibt seinen Erard mir nicht, bietet aber mit größter Freundlichkeit unbrauchbare Stutze an. Aloys Schmidt |2| u. Jaell sind die Letzten gewesen.
Anders ist kein Flügel aufzutreiben, mit der Apel mag ich schon der Verbindlichkeiten wegen nicht erst anbinden.
Ende dieser Woche werde ich wohl nach Hann. gehen oder soll ich auf Dich warten? Du bist aber doch wohl lieber ruhig in Berlin wenn Du kommst? Und ich werde mit ruhig u. unruhig dort sein.
Deinen lieben Brief aus Genf bekam ich. Von dem schlechten Musicieren u. besonders dem Hören kannst Du Dich schon erholen. Du spielst mir recht viel vor!
Ich kann immer weniger. Im Ernste.
|3| Allgeyer, Allgeyer!
Ich hätte ihm längst geschr. ich wußte aber s. Addreße nicht!
Daß ich beim Durchlesen der Biographie von W. beständig an eine etwaige Entgegnung etc. dachte; kannst Du wohl von selbst denken. Ich fand aber beim freilich flüchtigen Lesen Nichts das <sie> Diese nöthig od. auch nur passend machte. Ich dachte auch unter s. Briefen an Sch. einen mit „unterthänigem Knecht“ und dazu passendem Styl <zu> auszusuchen u. vielleicht als Anhang zu s. Buch ab<zu>drucken zu lassen. Aber ehe man solchen Scandal anfängt muß man |4| doch erst sehr überlegen.
Seine Recensionen zu widerlegen müßte man Andre schreiben, ist das unser Fach unser Talent? Daß er über die herrlichsten Lieder o. A. mit Stillschweigen weggeht <di>┌um┐ an etwas ihm Passenden hängen zu bleiben, braucht man das zu rügen? Da<ß>s straft sich selbst; Denn wer von den Myrthen, Eichendorff, Heine etc. liest, auch nur die flüchtigste Notiz, dem tönt es himmlisch im Ohr u. er schlägt’s Buch eine Weile zu wenn’s solche Dissonanzen wie Was. hinterher bringt.
Wir wollen das Buch einmal genau darauf ansehen u. überlegen.
|5| Heute Ab. spiele ich Avé u. Grädener (der es noch gar nicht kennt) mein Concert vor. <2> Am ersten Satz habe ich fürchterlich geübt. Ich glaube nicht daß Du ihn aushalten wirst. Oder ob meine Angst vor dem Zusammenspiel mir Alles vergrößert. Aber ich möchte ich könnte einmal das Adagio u. Rondo von Dir öffentlich hören! Vielleicht spieltest Du es nächsten W. in Detmold u. ich dirigirte?
Lebe wohl liebste Cl. Schreibe mir noch recht oft u. auch ein genaues Datum u. wie ich’s mit Hannover halten soll.
Recht herzlich
Dein
Johannes.
Grüße Rieter u. Kirchner unbekannterweise.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
  Absendeort: Hamburg
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Stuttgart
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
553-556

  Standort/Quelle:*) D-B: Mus. Nachl. K. Schumann 7,102
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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