Dienstag früh.
Gestern bekam ich Deinen lieben Brief, meine Clara; ich wünschte mir nichts sehnlicher als Dich trösten zu können, doch wie das? Mir kommt es ja selbst so unnennbar hart vor was Du leidest daß mir der Gedanke daran schwinden muß.
Könntest Du nur fühlen mit welcher Liebe ich so oft an Dich denke Du wärest manchmal doch getröstet. Ich liebe Dich unsäglich meine Clara, wie es mir nur möglich ist. Wie Vieles hast Du aus meinem Herzen verdrängt u. thust es immer mehr, ich merke |2| jedesmal mehr wenn ich fern von Dir bin.
Laß Dir das einen freundlichen Gedanken sein daß Du mich jedesmal wenn wir uns wieder sehen mehr ganz hast.
Solche Rheinfahrt wie Du habe ich aber noch nicht gemacht, ich begreife nicht, hier haben wir gar keinen Nebel u. in den Tagen schien die Sonne so hell.
Mich kannst Du immer mit Deinen Gedanken bei Heins suchen. Morgens Mittags u. Nachts zu Haus.
Ausgehen thue ich so wenig wie möglich.
Die Soiree mit Joachim kann ich mich durchaus nicht entschließen |3| anzunehmen denn ich fürchte es wird mancherlei Ärger für mich daher kommen durch Joachims Schwanken.
Nach Kiel hat Grädener geschrieben die Antwort erfährst Du gleich.
Soll ich im ungünstigen Fall gleich nach Göttingen schreiben? Oder willst Du nicht lieber 2 Tage länger in Hbg. bleiben u. zu Weihnacht Beides abmachen wo ich dann vielleicht von Detmold nach Göttingen käme?
Von Hrn. Marxsen habe ich einen großen Meerschaumkopf geschenkt bekommen der vor 25 Jahren in Wien gekauft wurde! Recht praktisches Geschenk!
|4| Von Rieter kommt ein Brief mit, mir theilte er denn auch in Hoffnung auf schnellere Antwort das Project, das er Joachim schrieb, mit, woran übrigens nichts ist.
Schreiben thust Du mir wohl so oft Du kannst, liebe Clara aber schicke mir auch jede Zeile die Du mir schreibst denn es ist das Erfreuendste was ich hier habe.
Lebe wohl meine Inniggeliebte
Dein
Johannes.
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