23.01.2024

Briefe



Rückwärts
	
ID: 22562
Geschrieben am: Dienstag 21.08.1855
 

Theure Clara,
wie weh thut’s mir daß ich Ihnen nicht Tröstenderes senden kann. Auch Frl. Hartmann1 hat, wie mir Frl. Leser erzählte, so gut wie Nichts erfahren.
Was soll ich hinzusetzen?
Denken Sie doch recht freundlich meiner[,] vielleicht hören Sie mich u. meine herzlichsten Trostesworte.
Ich will Morgen denken, Sie säßen bei mir u. suchten Trost.
Aber die Briefe Roberts, die ich |2| Ihnen sandte u. die kleinen Verse, die ich wohlweislich beilegte können das wohl besser?
Die lesen Sie wenn Sie Ihm schreiben wollen, sonst wirds gar zu schwer.
Gestern Abend warn wir drei nach Ellern.
Ich habe Vater den Plutarch zurückgeschickt u. wiederhole an Sie die inständige Bitte ihn nicht für 6 rh zu kaufen. Man wird ihn oft billiger haben können; es wäre mir nicht rechte Freude dann.
|3| Wollen Sie mir nicht die Freude machen, fest zu schreiben, daß Sie mir dann überhaupt Nichts mitbringen wollen?
Frl. Agnes ist da u. ist fett geworden!
Vierzehn Tage bleiben Sie nicht mehr weg, nicht wahr?
Wollen Sie mir das nicht einmal genau schreiben, oder können Sie’s immer noch nicht bestimmen?
Alle lassen vielmal grüßen.
Ich denke immer an Sie u. bitte Sie mögen mich immer so lieb behalten wie ich Sie.
Ihr
Johannes.
Dienstag. 21ter Aug 55.

[Beilage]
Lied von Toggenburg.
Mir ist leide,
daß der Winter ( beide,
Alles, – Alles,)
Wald u. auch die Haide,
hat gemachet kahl.
______
Sein Bezwingen,
läßt nicht Blumen springen,
noch die Vöglein singen (./.)
den viel süßen Schall.
______
(Zu dem Andante in h moll)
|2| Liebeslied. (C. O. Sternau.)
Der Abend dämmert, das Mondlicht scheint,
Da sind zwei Herzen in Liebe vereint
Und halten sich selig umfangen.
Es weht u. rauschet durch die Luft,
Als brächten die Rosen all’ ihren Duft,
Als kämen die Englein gegangen.
______
Nr. 164 | 21. August 1855 395
Ich küsse Dich zum ersten Mal,
Ich küsse Dich viel tausend Mal,
Und küsse Dich immer wieder;
Auf Deine Wangen lange Zeit
Rollt manche Thräne der Seligkeit
Wie eine Perle nieder.
______
|3| Die Stunde verrauscht, der Morgen scheint,
Wir sind noch immer in Liebe vereint
Und halten uns selig umfangen.
Es weht u. rauschet durch die Luft
Als brächten die Rosen all’ ihren Duft
Als kämen die Englein gegangen.
______
(Zum Andante in As dur)

  Absender: Brahms, Johannes (246)
  Absendeort: Düsseldorf
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Düsternbrook
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
393-396

  Standort/Quelle:*) D-B: Mus. Nachl. K. Schumann 7,60
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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