23.01.2024

Briefe



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ID: 22560
Geschrieben am: Sonntag 19.08.1855
 

Sonntag, den 19. August 1855.
Clara, liebe Clara, endlich heute ein Brief von Ihnen, ich habe lange darauf gehofft, aber zum Beantworten warte ich auf den morgigen. . . . . . . . Ich werde immer freudiger und ruhiger in meiner Liebe zu Ihnen, ich entbehre Sie jedesmal mehr, aber ich sehne mich fast freudig nach Ihnen, es ist einmal so, und ich kannte das Gefühl schon einmal, und nie war ich so warm.
Joachim ist sehr heiter, wir laufen viel und musizieren auch. Er ist jetzt mit Herrn Allgeyer da, ich habe sie drüben gelassen, um mit Ihnen allein zu sein.
Wir haben eben den Manfred gespielt, gesungen und gesprochen, ganz wie sich’s gehört. Hohe Freude haben wir gehabt, namentlich wieder an Astartens Erscheinung, die wir mehr spielten, und die uns tief rührte, so auch besonders der Schluß des Manfred.
Die Korrekturen der Variationen und d. hebr. Gesänge sind angekommen. Die Variationen sind doch herrlich!
Heute waren wir bei Frl. Leser, die sich zu meinem Schrecken beschweren mußte, daß ich sie seit Dienstag vergessen! Das kommt wohl von den vielen Stunden. Sie schreiben nicht mehr, daß es Ihnen dort nicht gefällt, also bleiben Sie wohl? ich kann doch dann schon das Ende berechnen, wo sonst erst den Anfang der Kur. Frl. Leser erzählte mir, Sie seien so selten mit Fr. Frege zusammen? Sie schreiben mir gar nichts davon, wie Sie leben, und ich möchte doch so gern wissen, ob’s nicht zu traurig und einsam ist?
Ich esse jetzt mit Joachim in Düsseldorfs Kneipen herum, bis Sie wiederkommen.
Nun schreiben Sie mir nächstens, daß ich Sie lieb habe? und lieber, viel lieber als vor 2 Jahren oder 2 Monaten?
In herzlicher Freundschaft
Ihr
Johannes.
Joachim grüßt tausendmal, morgen schreibt er mit.
Haben Sie meinen und seinen Brief vom Freitag?

  Absender: Brahms, Johannes (246)
  Absendeort: Düsseldorf
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Düsternbrook
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
388ff.

  Standort/Quelle:*)
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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