23.01.2024

Briefe



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ID: 22558
Geschrieben am: Donnerstag 16.08.1855
 

Liebe Clara,
Recht sehr habe ich mich über Ihren letzten (4ten) Brief gefreut, den ich Heute früh, noch im Bett bekam. Ich war gerade in Spanien u. es war noch Mittelalter. Ich allein in den dunklen Bogengängen eines alten Schlosses u. eben sollte die Geschichte los gehen, da geschah ein fürchterlicher Knall u. es waren eigentlich noch die Kanonen gar nicht erfunden.
Bertha hatte mich so entschieden geweckt, ich war ganz confus |2| ich konnte nicht aus dem Traum kommen. Hernach war’s aber sehr freundlich, die Morgensonne scheint so schön in mein Bett u. ich schäme mich dann gar nicht, sondern lese ganz glücklich Ihren Brief u. sehe Sie in Gedanken auf der See (besser höre ich Sie dort!) oder im Wald.
So gefällt es Ihnen denn wohl immer besser dort u. Sie gebrauchen die Bäder aus?
Mir ist das eigentlich lieb, weil’s dann doch mit einem mal zu Ende geht u. nicht erst noch mal anfängt.
Frl. Arnold ist natürlich nicht gekommen, neulich schrieb sie mir es noch u. sie freue sich außerordentlich |3| auf meinen – u. – u. – Unterricht.
Mit Allgeyer war ich Heute zum Stockkämmchen.
Der erzählte mir von einem Bild auf der großen Ausstellung hier, das ein junger Genre-Maler Dumont gemalt. Da sitzt ein Cellist vor dem Pult sieht verzweifelnd in die Noten, als ob die Passage nun unübersteiglich sei u. denken Sie, auf dem Blatt steht unten:
Johannes Brahms!
Am Sonntag kostet’s nur 2 1/2 sgr, da gehe ich hin, 5 sgr. soll die Ausstellung eigentlich nicht recht werth sein.
|4| Ich kam Heute (Allgeyers wegen) nicht ┌recht!┐ zum Schreiben an Sie, es ist jetzt recht spät, ich will schließen, der Brief soll früh vor 7 zur Eisenbahn wenn er Ihnen auch nur einen Gruß bringen kann von mir.
Schreiben Sie mir recht bald wieder u. von so Schönem wie Heute.
Mit vielen Grüßen
Ihr
Johannes.
D. 16ten August 55.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
  Absendeort: Düsseldorf
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Düsternbrook
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
385f.

  Standort/Quelle:*) D-B: Mus. Nachl. K. Schumann 7,57
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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