Heidelberg Juli 55.
Liebe Clara,
Nun wundern Sie Sich doch gewiß, Sie denken um diese Zeit habe ich mich kaum etwas in Carlsruhe orientirt u. da schreibe ich schon aus Heidelberg!
Schon um 4 Uhr bin ich wieder zurück gefahren, nachdem ich von Frau Schirmer erfahren daß ihr Mann verreist ist u. mich dann einige Stunden in dem Eisenbahnsaal entsetzlich gelangweilt.
Auch die Fahrt war so ungemüthlich wie möglich, volle Wagen u. immerfort Regen.
|2| Das ist denn doch ein zu arger Contrast gegen die herrliche Gemüthlichkeit der letzten 14 Tage; ich habe das erwartet u. fürchtete mich deshalb so vor Ihrer Reise nach Baden.
Ich bin wieder im Adler eingekehrt, mein altes Zimmer habe ich auch nicht wieder bekommen!
In Carlsruhe erzählte mir auch Fr. Schirmer daß die Prinzessin in Baden, hätt ich nur erst Brief von Ihnen; ich habe sie mir hierher bestellt, bleiben Sie länger, so addreßiren Sie wohl zum Adler?
|3| Solche Unbehaglichkeit kannte ich bis jetzt wohl nicht. Es ging so schnell von Heute früh zum Nachmittag.
Ich bin wieder auf dem Sprung – nach zu kommen, aber ich thu’s nicht, ich will geduldig abwarten Ihren lieben Brief worin Sie mir vielleicht doch schreiben, daß Sie Morgen bei der Prinzeß spielen u. Uebermorgen hierher kommen! So wär’s noch einigermaßen erträglich!
Ich will diesen Brief schließen, damit er vor 7 Uhr auf die Post kommt. Grüßen Sie Bertha sehr.
Recht in inniger Liebe
Ihr
Johannes.
Ich muß das Siegel vom Wirth benutzen!
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