Herzliebe Frau Clara,
Nun rückt ja endlich der Sonntag immer näher, der heißersehnte. Wenn er Sie nur bringt! Ich zittere ordentlich vor Erwartung, immer schwerer kann ich mich daran gewöhnen von Ihnen getrennt zu sein. Morgen werde ich gewiß mit einem recht langen Brief für Warten Heute entschädigt?
|2| Gestern Abend spielte Joachim Quartett bei v. Dietz. 5 Haydnsche.
Es wurde mir fast oder wirklich zu viel. 3 lasse ich mir höchstens gefallen, dann kann ich aber nie mehr voran, sondern bleibe immer noch an den Vorigen hängen.
Wunderbar schön u. meisterhaft sind doch diese Quartette, und ein Reichthum schöner u. origineller Ideen, namentlich in den großartigen Adagios, der unbegreiflich ist.
Eins in Es dur spielten sie von dem man erzählt, Haydn habe <b> einst|3| darüber geklagt daß Damen kein Quartett ruhig zu Ende hören könnten. In Folge einer Wette machte er dies Quartett. Zum Schluß des reizenden <Rondos>Finales nun führt er die Damen köstlich an. Thut mehremale als schlöße er, u. fängt immer noch wieder an.
Wir mußten laut lachen darüber.
Heute waren J. u. ich zum Essen nach Grafenberg.
Wie ging’s denn Gestern im Theater, ich habe den ganzen Abend sehr an Sie gedacht, während der letzten 2 Quartette sah ich zum offnen Fenster hinaus u. dachte mehr an Sie, als an die Musik.
|4| Joachim wird wohl Morgen mit od. vor meinem Brief kommen.
Kommen Sie denn auch Sonntag ganz bestimmt, haben Sie auch an ein etwaiges Abschied-Fest gedacht?
Nun, herzlichen Gruß noch u. schreiben auch von Pyrmont u. hauptsächlich – gleich!
In aller Liebe
Ihr
Johannes.
Mittwoch
Juni 55.
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