23.01.2024

Briefe



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ID: 22478
Geschrieben am: Samstag 17.03.1855
 

Meine theuerste Clara,
Wann werden Sie denn nun wohl in Berlin sein, wann bei uns? Ich bin so ungeduldig, ich fürchte so sehr jeden Tag der Sie noch uns fern halten kann! Morgen hoffe ich sehr auf einen Brief u. bestimmte Nachricht in diesen Tagen habe ich nicht erwartet, will auch nicht fragen wie’s Ihnen ging, Sie können mir das hier erzählen, viel Schönes wird’s nicht sein!
|2| In Stralsund hatten Sie wohl rechte Freude über den schönen lieben Brief Ihres Mannes?
Ich schrieb Ihm an dem Morgen u. schickte ihm Papier[,] Paganini, meine fis moll u. die Lieder der Stuart vergaß ich beizulegen u. schickte sie nach.
Hier wird’s Frühling! Wir müssen viel hinauslaufen u. weit! Wie treibt doch jedesmal die Ankunft des Frühlings das Blut schneller, man wird so sehnsüchtig u. unruhig.
Meine schöne Blume heißt: Amaryllis! Die Blätter werden Sie noch sehen vielleicht eine neue.
|3| Von Hiller ist ein Aufsatz über A. B. Marx’s neuestes Werk erschienen.
Sehr lang u. zuerst ganz wie ichs dachte, den Schluß u. was er da über Mendelssohn sagt hätte ich nicht erwartet.
Mit Frl. Leser versuche ich das Moduliren. Es sollte mich recht freuen könnte ich der Armen Blinden die Zeit kürzen.
Frl. Agnes arbeitet grade so langsam wie ich’s dachte. Nur keine Uebereilung! Ob man sie auf keine Weise in Trab bringen kann?
Von M. & El. u. Bertha lege ich Brief bei. Die Bertha schreibt wohl |4| nur ihre Freude über den Felix u. daß er schon mit uns gegessen.
Liebe Frau Clara, wollen Sie recht gut sein, da lassen Sie uns die ersten 8 Tage Ihres Hierseins recht Ihrer Erholung widmen u. jeden Morgen eine weite Spaziertour machen! Etwa nach Grafenberg, Ellern etc. Die übrige Zeit u. <S>später will ich Sie auch ganz in Ruhe lassen u. nur eingeladen kommen!
Sie sollten das thun, wie würde das heilsam sein u. welche Wonne jetzt im ersten Frühling den herrlichen Morgen recht genießen! Wollen Sie’s?
Von Heute Nachmittag an erwarte ich aber mit der größten Sehnsucht Brief, Montag od. Dienstag welch langer Raum! In den letzten Tagen wird das Warten immer schwerer.
Seien Sie noch in innigster Liebe gegrüßt
von Ihrem
Johannes.
D. 17ten März 55.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
  Absendeort: Düsseldorf
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Berlin
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
333ff.

  Standort/Quelle:*) D-B: Mus. Nachl. K. Schumann 7,38
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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