Verehrteste Frau,
Was kann ich Ihnen sagen auf solches Zeichen höchster Freundschaft! Wie kann ich danken, wie kann ich’s verdienen.
Ich weiß ja so gut, wie ungern Sie solch theuren Brief auch nur auf Augenblicke aus den Händen geben, u. mir schicken Sie ihn! Aber welche<s> Freude haben Sie mir gemacht, Sie wissen es selbst zu gut.
Es hat mich tief gerührt, daß Ihr |2| Mann mit solcher Liebe meiner gedenkt.
Auch dieser Brief enthält doch wieder nur Liebes u. Schönes, Jede Befürchtung, jede Angst muß schwinden, wenn man die Briefe des Theuren liest.
Immer mehr werde ich in dem Glauben gestärkt, Sein Geist bedarf nur der Stärkung, Er wird bald zurückkehren.
Ich lege Ihnen den Brief mit tausend Dank bei; ist der nächste an mich gerichtet?
Wie lange u. wie bange habe ich Ihren Brief erwartet, weil er aus Weimar kommen mußte.
|3| Ueber eines hoffte ich bessere Nachrichten, ich dachte, Joachim wäre nach W. gekommen; er hatte sich es fest vorgenommen. Wahrscheinlich mochte er nicht schon wieder um Urlaub bitten.
Mein Geist führte mir eine Menge häßlicher Scenen vor, ich sah Sie immer mit Liszt’s Aposteln od. der Fürstin, wie widerwärtig muß Ihnen Manches (Alles? Vieles) gewesen sein.
Jetzt sind Sie wohl unter lauter Philistern? In Erfurt, Frankfurt, Darmstadt, gar Mannheim kann ich mir gar nicht Andre denken.
Heine schreibt zwar, Goethe und F. Hiller seien in Frankfurt geboren, aber nur |4| das, nur geboren sind sie da.
Ist <Darmstadt>Mannheim nicht abscheulich, eine Straße wie die andre, alles schnurgrade. Ohne daß ich es wußte, frug ich Hrn. Allgeyer einmal, die Straßen werden wohl bloß mit Buchstaben bezeichnet?
Es war so u. ich wunderte mich gar nicht über mein Talent zum Rathen.
Uebrigens denken Sie sich mein <Ha>Leben hier trauriger als es ist.
Es ist so herrlich, bei den Eltern sein! Die Mutter möchte ich immer mitnehmen können.
Wenn Sie sähen, womit ich mir, außer mit Noten u. Büchern, die Zeit vertreibe, Sie würden lachen!
|5| Morgen will ich zum Hrn Avé u. Ihren Auftrag ausrichten.
Könnten Sie mir nicht jeden Tag einen „guten Morgen“ telegraphiren lassen? ich würde elextrisirt sein, würde den ganzen Tag lustig sein u. wie spielen können.
Lange halte ich’s gar nie mehr aus ohne Sie, warum haben Sie nicht gelitten, daß ich Flöte blasen lernte u. mit Ihnen reiste.
Denken Sie, ich hätte dann das Andante a. d. f moll-Sonate für Fl. Guitarre u. Pauke ( ) arrangirt, u. Ihnen mit Frl.
Schönerstedt u. Pfund ein Ständchen gebracht.
|6| Meinem Lehrer habe ich Ihre schönen Variationen vorgespielt, ich soll Ihnen alles Mögliche Schöne u. Liebe darüber sagen, er liebt sie wie ich. (Nicht so sehr.)
<Son[?]> Auch die fis u. f moll Sonate habe ich ihm gespielt. Die erstere hat er von Ihnen (als Cl. Wieck) spielen hören.
Hr Marxsen ist äußerst glücklich über mein besseres Spiel, auch das danke ich Ihnen; Erst nachdem ich Sie gehört u. gar, als ich Sie erheitern u. erfreuen konnte durch mein Spiel, erst seitdem kann ich auch Andern sagen, was ich fühle. |7| Wenn überhaupt etwas Passables an mir ist oder wird, hab’ ich’s nicht Ihnen Beiden zu danken, Ihrer großen Liebe?
Ich habe Ihnen freilich schon viel zu viel vorgeschwatzt, doch höre ich nur auf, damit der Brief heute noch fortkömmt.
So leben Sie denn recht wohl, u. erfreuen Sie mich bald, wenn auch durch ein paar Zeilen; Ich warte schon wieder von Morgen an mit der größten Sehnsucht.
Ihr
Johannes Br.
Meine Eltern und Lehrer grüßen herzlichst.
V. S.
|8| Für schmutzige, unleserliche Schrift bitte ich ein für allemal um Vergebung.
(Ich bitte, Frl. Schönerstedt freundlichst zu grüßen.)
Alles in Ordnung, wie Sie’s schreiben, ganz so dachte ich’s mir.