23.01.2024

Briefe



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ID: 22059
Geschrieben am: Samstag 17.09.1864
 

Baden-Baden d. 17 Septbr. 1864.
Liebe Frau Riggenbach,
fürerst meinen herzlichsten Dank, daß Sie meiner am 13ten so freundlich gedacht, und mir so liebe Worte zukommen ließen. Ich habe den Tag so heiter verlebt, wie lange nicht, es vereinigte sich so Vieles dazu; meine Kinder überraschten mich mit reizenden Geschenken, meine Freundin, Frl. Leser, war da, dann Brahms der mich mit der Erfüllung eines Lieb-lings-Wunsches, |2| der Photographie meines Häuschens, überraschte, außerdem kam noch Levi von Karlsruhe, kurz, ich hatte Alles, was mir den Tag verschönen konnte.
Daß ich Ihnen gleich heute schreibe hat aber noch einen besonderen Grund. Sie schreiben mir, daß Sie für Ihre liebe Emma eine Erzieherin (d. h. wohl eine sorgsame Pflegerin und Begleiterin?) suchen, und da wollte ich Ihnen sagen, daß ich eine vortreffliche Dame kenne. Es ist dies eine Deutsche (Curländerin) die lange Jahre in Moskau |3| als Erzieherin einer jungen Russin war, die lange bei mir Stunden hatte, <> vor 5 Jahren ihre beiden Eltern verlor, und von den Verwandten dieser Dame ganz allein überantwortet war; ich sah wie zärtlich Letztere an dem jungen Mädchen hing, und das nahm mich für sie ein. Das Mädchen hat sich nun verheirathet, und die Dame wünscht sich sehr eine andere Thätigkeit und namentlich bei Deutschen. Sie ist äußerlich nicht außerordentlich einnehmend bei erster Bekanntschaft, man lernt sie aber bald schätzen. Sollten Sie Lust haben, |4| so ließe es sich ja vielleicht einrichten, daß sie auf einige Wochen zu Ihnen käme, damit Sie sie kennen lernten? wir wollen es gern übernehmen an sie zu schreiben, wenn Sie es wünschen. Ich weiß nun freilich nicht, welche Pläne sie jetzt hat, doch, das ließe sich erfahren.
Welch ein Schmerz es für Sie sein muß jetzt diese Tochter von sich zu lassen, kann ich ganz und gar Ihnen nachfühlen – Sie Arme, Schwergeprüfte! Gott gebe Ihnen Kraft auch ferner zu tragen. Wo geht Ihr Kind hin? Julie kommt erst in einigen Tagen aus |5| dem Elsaß, wo ich ihr dann den Brief übergeben werde.
Sagen Sie nur bald ein Wort, liebe Freundin, und entschuldigen Sie die Flucht dieser Zeilen, ich habe aber jetzt so viel Vorbereitungen aller Art für den Winter, daß ich nicht weiß wo anfangen, und wollte doch mit meiner Mittheilung nicht zögern.
Grüßen Sie Alle aufs herzlichste von
Ihrer
wahrhaft ergb
Clara Schumann.
|6| P. S. Ich habe Ihnen betreffs der Dame noch nicht Alles gesagt: sie heißt Frl. Krüger, ist etwa 40–45 Jahr alt, und war nicht 5 sondern 10 Jahre bei dem Fräulein. Ich sagte Ihnen, sie wäre nicht gleich einnehmend, was sie aber eigentlich doch ist, nur ist sie nicht hübsch zu nennen. Ich für meinen Theil würde alles Zutrauen zu ihr haben, sie war ganz wie eine Mutter für das Mädchen.
[Umschlag]
Frau
Margarethe Riggenbach.
auf
Schloß Bipp
bei Wiedlisbach
Canton Bern
Schweiz.


  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Lichtental
  Empfänger: Riggenbach-Stehlin, Margaretha (2787)
Empfangsort: Basel
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 10
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Theodor Kirchner, Alfred Volkland und anderen Korrespondenten in der Schweiz / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Annegret Rosenmüller / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-021-6
855ff.

  Standort/Quelle:*) CH-Bst, s: PA 841a F 20.1 5
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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