23.01.2024

Briefe



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ID: 21993
Geschrieben am: Samstag 07.08.1852
 

Düsseldorf d. 7 Aug 1852
Meine theuere Mila,
Du kannst Dir wohl denken, welche große Freude mir Dein letzter so eben empfangener Brief gemacht, und nur durch das Eine wird die Freude getrübt, daß mein armer Robert seit 5 Wochen sehr leidend ist, und zwar nervös in Folge großer geistiger Anstrengungen. Du kannst es nicht glauben welch schwere Tage und Nächte ich in dieser Zeit durchgemacht! er ist immer so trübe, so geplagt von hypochondrischen Gedanken, kann nicht das Kleinste thuen, und fast keine Minute darf ich ihn verlassen, will ich ihn nicht gleich wieder den trübsten Gedanken verfallen sehen. Nun sagt der Arzt, er habe gar keine Sorge, sein Körper sey ganz gesund, und die |2| nervöse Verstimmung werde sich nach und nach wieder geben, er solle aber entweder in’s Seebad oder in eine Kalt-Wasser-Anstalt. Zu Beiden aber hat er keine Lust, und natürlich ich auch nicht, da wir vom 15–21 August umziehen müssen, und am 1ten Septbr. zwei neue Leute bei uns einziehen, ferner Eugenie am selben Tage entwöhnt werden soll. Mir steht der Kopf still, wenn ich denke, was Alles vor sich gehen soll und vielleicht Alles Das in meiner Abwesenheit! doch, ich hoffe immer noch, wir bleiben, und es giebt sich vielleicht auch hier nach und nach. Gingen wir in die Wasseranstalt, so wäre das wahrscheinlich am Rhein, dann, liebste Mila, sähe ich Euch doch, und geschieht Etwas, so glaube ┌ich┐ noch eher dieß, als Seebad, wo wir uns |3| so viel weiter von den Kindern trennen müßten – auch ist das viel kostspieliger. – Das Fest ist für uns auch ganz traurig abgelaufen; <> Robert hat mit der äußersten Anstrengung 2 Ouvertüren dirigirt, was ihm aber leider ganz schlecht bekommen ist, ich habe gespielt, auch mit meiner Schwester, Alles war großartig brillant, doch wir thaten nur dabei, was wir mußten, und eilten nach Haus! denke Dir, da wimmelte es nur von Musikern, und mit Keinem konnte Robert sprechen! noch Etwas kommt nun auch dazu, was mich manchmal schrecklich mit Sorge erfüllt! 8 Tage vor dem Feste bekomme ich plötzlich Brief von meiner Schwester Marie aus Dresden, sie würde zu dem Feste kommen, mich zu besuchen, und 8–14 Tage bleiben; nun denke Dir meine Lage, meine Schwester im Hause, und |4| kaum einige Worte mit ihr am Tage sprechen zu können, eben so wenig irgend wohin mit ihr gehen zu können! ich habe eine Freundin hier, an welche sie sich anschließen muß, will sie nur aus dem Hause kommen. Ach liebste Mila, kämest Du jetzt, könnte ich Dich kaum sehen, doch, ich hoffe zu Gott, daß es sich zu bessern anfängt, und Robert in 14 Tagen sich wohler befindet.
Du schreibst mir doch jedenfalls noch genau den Tag Euerer Ankunft? der europäische Hof ist ein guter Gasthof, und in unserer Nähe, sowie gleich an der Eisenbahn.
Ich kann die Zeit Eueres Kommens kaum erwarten – gebe Gott meinem geliebten Manne nur bald Besserung! – Grüße die liebe Elise! gewiß wird sie die Reise am Rhein sehr erheitern – es ist gar zu herrlich! –
Wir waren vor 5 Wochen auch 14 Tage am Rhein, mußten aber plötzlich zurück, da mein Mann eben so sehr unwohl wurde, wozu auch die große Hitze <b> viel beitrug.
Nun mit Gott auf baldiges Wiedersehen meine Mila!
Deine
C. S.
Ich lege an die Bendemann eine Zeile bei! sie ist eine liebe Freundin von mir, und wird schon darum Euch gern in Allem wo sie kann, dienen. Rietschel ist ihr Hausfreund, also werdet Ihr den auch gleich kennen lernen, sowie Hübners.
Vergeßt nicht bei Bendemanns nach den Thronsälen, die Er gemahlt, zu fragen.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Absendeort: Düsseldorf
  Empfänger: List, Emilie (962)
Empfangsort: Schönau
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 8
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit der Familie List und anderen Münchner Korrespondenten / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Ekaterina Smyka / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-019-3
276-279

  Standort/Quelle:*) Slg. Cornides; Abschr. (gek.) in Copien-Mappe Marie Sch.
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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