23.01.2024

Briefe



Rückwärts
	
ID: 21212
Geschrieben am: Montag 16.02.1891
 

Frankfurt a/M den 16 Febr. 1891.
Liebste Emilie,
immer wollte ich Dir ’mal schreiben, aber es ist ja gar so Viel, was ich immer zu erledigen habe. Namentlich sind es Ferdinands Kinder, die mir immer viel zu schreiben geben; |2| Julie wird bald confirmirt, kommt dann nach Halberstadt in ein Institut, wo sie wirthschaften lernen soll, der Aelteste (Ferdinand) kommt ebenfalls von Schneeberg fort zu einem Apotheker in die Lehre, dann habe ich an den Kaiser eine Bittschrift um Freistellen für die zwei jüngeren Knaben im Kadettenhaus |3| eingereicht, da geht auch die Correspondenz immer hin und her, und, zu Diesem die Schüler, Ilona in London, Borwick in Wien – es hört nicht auf.
Liebste Mila, wir sollten doch nun diesen Sommer wirklich ’mal länger zusammen sein. Was denkst Du vom Obersalzberg?
Es geht bei uns so |4| weit gut, ich kann arbeiten, u. das ist das Beste. Aber, ich laborire doch viel an meinem Körper; besonders die Kreuzschmerzen, die Spielen und viel Schreiben immer sehr verschlimmert, machen mir viel zu schaffen, es schlägt Einem alles Unterleibleiden so aufs Gemüth, und habe ich viel sehr melancholische Tage.
|5| Es ist mir herzlich leid, daß Du Deine liebe alte Freundin Frau Binzer verloren hast. Ach, man wird so einsam! die, die noch leben sollten mehr noch zu einander halten, aber, da kommen dann die Verhältnisse und Pflichten aller Art dazwischen, daß man sich doch selten sieht.
Wie steht es eigentlich mit Dir, liebste Mila? |6| Besuchst Du uns ’mal wieder, und wann? Ich denke wir gehen im März–April vielleicht auf einen Monat fort (nach Rom möchte ich – kommst Du mit?) aber Mai u. Juni sind wir noch ruhig hier, dann kommt wohl wieder Franzensbad, Obersalzberg u. s. w.
Soll ich Dir das Buch von Böhm, in welchem mich Einiges sehr interressirt hat, |7| zurücksenden, oder später mitbringen? ich sende es lieber, dann weiß ich es sicher wieder in Deinen Händen. Das Geld, was Du noch für mich hast kannst Du ja behalten, bis ich nach München komme, oder, Du hierher!?
Verzeihe mir die Flucht dieser Zeilen – mir |8| sitzt immer schon wieder die nächste vorhabende Beschäfftigung im Nacken.
Ich hörte, Levi sei wieder sehr leidend – ist dem so? schreibe Du mir doch auch ’mal etwas ausführlicher, und für heute sey innigst umarmt. Grüße alle die Deinen herzlichst. Deine
alte
Clara.
Marie u Eugenie grüßen sehr herzlich.
Sommerhoffs sind nach Cannes mit Allen sie bleiben 4 Monate fort!!! Das thut uns sehr leid.
Neulich starb der alte Frege! merk-würdig, wie der Tod die Menschen verherrlicht! das fällt mir immer ein, wenn ich Livia’s Briefe jetzt lese! –

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: List, Emilie (962)
  Empfangsort: München
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 8
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit der Familie List und anderen Münchner Korrespondenten / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Ekaterina Smyka / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-019-3
820-823

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 10139,6-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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