Honnef d. Septbr 59.
Damit meine Zeilen Sie noch in Queen Street treffen, schreibe ich Ihnen schon jetzt wieder. Lieber Joachim, ich bin aber sehr schuldlos, wenn ich, nachdem H. Goldschmidt mich an die beiden beifolgenden Briefe verweist, und der Eine fehlt, auf die Vermuthung komme, Sie haben Einen vergessen, namentlich wenn Sie dazu in solcher Hast u. Zerstreutheit schreiben, daß ich wohl herausfühlen konnte, Sie dachten an ganz Anderes, als an mich bei’m Schreiben. Nun, Ihr letzter Brief setzt mir Alles auseinander, und dankt [sic] ich Ihnen für die Theilnahme an der Sache, vor Allem Ihrer Zartheit, die mir den Brief vorenthalten ließ, der mich gewiß verletzt hätte. Daß es mit Amerika so gekommen wälzt mir einen Stein vom Herzen, den ich mir nur im Pflichtgefühl für meine Familie aufgeladen hatte. Sie werden nun bald Ihre irländische Reise antreten – alles Gute wünsche ich Ihnen dafür, vor Allem künstlerisch keine Unannehmlichkeiten. Hitze werden Sie wenig mehr zu erleiden haben, hier ist es wenigstens seit 8 Tagen sehr kühl. Ich bin seit einigen Tagen hier hinter dem Drachenfels, Rolandseck gegenüber – wie lange ich aushalten werde, weiß ich noch nicht. Nach Wildbad ist es schwer, daß Einem Etwas gefällt außer Schweiz, Tyrol ect. Johannes sehnt sich nach Brief von Ihnen! er war sehr fleißig diesen Sommer, hat viel für Chor geschrieben, die 2te Serenade fast fertig, und jetzt kürzlich den 13ten Psalm für Frauenchor mit Orgelbegleitung componirt. Bald, denke ich, werde ich die Sachen Alle in Detmold hören. Er geht Ende d. M. dahin, ich im October, wenn Nichts dazwischen kommt. Interressantes sonst Ihnen mitzutheilen weiß ich gar Nichts, daher sage ich Ihnen lieber Adieu! Ich wollte Sie wären wieder in Deutschland, und wiedergegeben der alte warme anhängliche Freund
Ihrer
Clara Schumann.
Honnef bei Königswinter bei’m Dr de Berges.
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