23.01.2024

Briefe



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ID: 20997
Geschrieben am: Sonntag 11.06.1893
 



Frankfurt a/M d. 11 Juni 93.

Liebe Frau Fellinger,

ein Dankeswort für Ihren lieben Brief zum 8ten Juni muß ich Ihnen senden – wie so lieb und treu sind Sie immer! – Wie sehr beklage ich aber, daß Ihre Gesundheit doch noch immer so viel zu wünschen lässt, und |2| Sie nicht an die See können in diesem Jahr. Hoffentlich bietet Ihnen aber Ihr jetziger Aufenthalt auch Natur-Genüsse! ich mag mir den Sommer nicht ohne solche denken! Möge Ihnen doch vollste Erholung in Veldes werden – wie von ganzem Herzen wünsche ich Ihnen dies! – Sehr interressirt haben mich Ihre lieben Berichte, wie reizend war das Fest in Ihrem |3| Hause, wie sinnig und fein die Ueberraschung des Herrn Jenner! haben Sie Dank, daß Sie <es> mir das Gedicht mittheilten.
Betty3 ist noch unser lieber Gast, verläßt uns aber leider morgen. Wir hatten sie kaum 14 Tage, während wir auf 4 Wochen mindestens gerechnet hatten. Auch wir rüsten bald zur Abreise, erst den Juli nach Schlangenbad, um hauptsächlich Waldluft |4| zu genießen, dann im Aug. nach Interlaken. Eugenie kommt zu uns nach Schlangenbad und bleibt bis Oct. mit uns. Nach Wien zieht es mich, ach, wie sehr, aber, ich habe doch nicht die Kräfte, die man braucht, will man in 8–14 Tagen seine Freunde nur etwas genießen. Ich müßte dazu viel kräftiger werden, als ich bin, obgleich es mir ja schon besser, als im vorigen |5| Jahr geht. Freilich, die Leiden des Alters werde ich nicht mehr los, und muß immer mehr resigniren lernen. Ihr lieber Mann hat wohl meine Zeilen erhalten? sehr begierig bin ich was er meint, und mir räth? das sind Lebensfragen, und eigentlich muß man doch die Hauptsache dem Geschick überlassen. Welch ein Glück ist es hat man in solchen |6| Lagen gütig eingreifende Freunde!
Ich muß Ihnen Lebewohl sagen, liebste Frau Fellinger, darf nicht zu viel schreiben.
Alles Gute, auch von Marie Herzlichstes für Sie und die theueren Ihrigen.
In Treue und Dank
Ihre Clara Schumann.

Wir sind bis 1 Juli hier, dann unsere Adresse immer doch hier.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Fellinger, Maria (443)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 4
Briefwechsel Clara Schumanns mit Maria und Richard Fellinger, Anna Franz geb. Wittgenstein, Max Kalbeck und anderen Korrespondenten in Österreich / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz, Anselm Eber und Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2020
ISBN: 978-3-86846-015-5
301ff

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 11796-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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