23.01.2024

Briefe



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ID: 20989
Geschrieben am: Freitag 26.07.1889
 

Franzensbad d. 26 Juli 89,

bei Dr Loimann

Meine liebe Fellinger,

wie lange blieb ich Ihnen meinen Dank für Ihren lieben Gruß z. 8ten Juni schuldig, und habe doch immer daran gedacht Ihnen zu schreiben! erst hier komme ich aber dazu meine Briefschulden nach und nach abzutragen. Sie Arme, wieviel leiden Sie aber immer! ich begreife nicht, daß der Arzt Sie nicht hierher ge-|2|schickt, wo gegen Gelenk-Krankheiten die herrlichen Moorbäder sind, und gegen Blutmangel die Quellen, die ja speciell für Bleichsüchtige von wohlthätigster Wirkung sind. Und wie wäre das so reizend, wenn wir hier ’mal zusammen wären, wo man so ganz ungestört lebt. Wir haben hier keinen bekannten Menschen, sind immer nur wir Zwei, (ich mit Marie) was manchmal uns doch gar zu einsam erscheint!
Ich kann mir Seebäder gar nicht so gut für Sie |3| denken, wie leicht erkältet man sich dabei, und, Sie haben gewiß auch, wie wir, sehr wechselndes Wetter jetzt!? Daß wir auf der ital Reise nicht über Wien kamen war uns selbst gar leid, aber, wir hatten ja nur 5 Wochen im Ganzen, für Florenz blieben uns nur 10 Tage, und, ich war gar nicht wohl die ganze Zeit, konnte gar nicht ohne unangenehme Empfindungen gehen – erst jetzt kann ich wieder mein kleines Quantum von täglich 1 – 1 1/2 Stunde gehen. Das hat mich natürlich in Florenz sehr gehindert, trotzdem aber haben wir Herrliches |4| gesehen, und durch Güte des Bildhauer Hildebrandt all das Bedeutendste, ohne uns bei weniger Bedeutendem aufzuhalten – das war ein großer Vortheil für uns. Wir sind diesmal sehr spät hierher gekommen, u. haben sonach für Obersalzberg höchstens 3 Wochen, da wir im Septbr., vom 8ten an, in Baden-Baden sein möchten – dort ist immer der schönste Ferien-Beschluß. Lassen Sie mich doch ’mal hören, wie Ihnen die See bekömmt? ich bleibe hier bis 12 Aug., dann Obersalzberg bei Berchtesg. Pension Moritz – nun, das wissen Sie, ach, wüßten Sie es im diesem Jahr so gut, wie vorigen Sommer!
Leben Sie wohl, Grüße an den lieben Mann, und die theueren Söhne, die jetzt wohl bei Ihnen sind!
Ihre alt ergebene Clara Schumann.
Marie grüßt herzlichst! sie wäre auch gar sehr für Franzensbad f. Sie gewesen.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Franzensbad bei Dr. Locmann
  Empfänger: Fellinger, Maria (443)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 4
Briefwechsel Clara Schumanns mit Maria und Richard Fellinger, Anna Franz geb. Wittgenstein, Max Kalbeck und anderen Korrespondenten in Österreich / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz, Anselm Eber und Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2020
ISBN: 978-3-86846-015-5
268ff

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 11782-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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