23.01.2024

Briefe



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ID: 19836
Geschrieben am: Freitag 24.05.1872
 

Verehrte Freundin!
Die letzten Tage meines Hierseins bringen noch so viel Geschäfte mit sich, daß ich meine Zeit sehr zusammenhalten muß; zudem ist noch Freund Lachner nicht unbedenklich erkrankt, und Sonntag ist der einzige Nachmittag, den ich für eine Reise frei habe. (Vormittags habe ich Hallelujah-Probe, hätte also doch erst nach Tisch zu Ihnen kommen können). So denke ich denn, wir verschieben die Sing-Production auf nächsten Mittwoch. Frl. Schwartz hat im Haideschacht keine bedeutende Rolle, und kann Ihnen vorsingen, so lange Sie wollen. Wir reisen um 11 Uhr ab; am besten wäre es, wenn Sie das Mittagessen ausnahmsweise auf 2 oder 2 ½ Uhr ansetzen wollten; dann könnten wir von 1 Uhr ab musiciren.
An Lichtenstein habe ich geschrieben. Trau lässt Ihnen sagen, Sie möchten sich wegen des Flügels nicht hierherbemühen; er hat den Steinway, von dem er Ihnen sprach, heute verkauft, und bekommt erst nächste Woche einen andern. – Ich werde Ihnen für den „Haideschacht“ 3 Plätze reservieren lassen. –
Den ganzen Tag muß ich von Abschied und dergl. hören; auch offizielle Festivitäten werden mir nicht erspart. Wenn ich nur die kommenden Wochen verschlafen könnte! – – Möchten Sie mir ein Wort schreiben, wie es mit Ihrer Gesundheit steht? Ich möchte Sie so gern wieder einmal herzlich lachen hören; das letztemal verzog sich immer nur ein Mundwinkel,und das stand Ihnen gar nicht gut! – Den Shawl werden Sie hoffentlich nicht vermissen; ich bringe ihn Mittwoch mit, denn ich weiß ihn nicht einzupacken, ohne daß er Schaden leidet.
Viel Herzliches Ihrem ganzen Hause. Vor Allem Ihnen selbst gute, vollständige Besserung!!
Ihr getreuer
Hermann Levi.

Carlsruhe 24.5.72.

Eben kommt Ihr Brief mit der erfreulichen Nachricht Ihrer Besserung! – Das Es-dur Conzert ist hier lange nicht gespielt worden, aber auch das G-dur oder das Schumann’sche wären sehr willkommen. Ganz nach Ihrer Wahl! Letzteres strengt Sie wohl am wenigsten an, und ich dürfte dann noch um eine zweite Nummer bitten? (Gavotte v. Gluck?). Wir möchten gerne das Programm dieser Tage veröffentlichen, und es thut mir leid, daß ich Ihnen noch weitere Schreibereien mache. Aber wie ich auch hin und her überlege, ich kann vor Mittwoch nicht nach Baden kommen; ich hatte eben Brief von Lachner der mich recht ängstlich macht, und muß ihn Sonntag sehen! – Wollen Sie Brahms sagen, daß ich morgen Samstag Abend 7 Uhr die erste Probe mit beiden Chören (im Museum) habe. Sonntag früh probire ich nochmals mit dem Theaterchor allein. Es geht schon ganz ordentlich. Vielleicht hat Brahms Lust, herüberzukommen? – Das Hallelujah darf Sie nicht abhalten, Klavierstücke als zweite Nummer zu spielen. Stockhausen singt wahrscheinlich auch Lieder. – –

  Absender: Levi, Hermann (941)
  Absendeort:
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 5
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Franz Brendel, Hermann Levi, Franz Liszt, Richard Pohl und Richard Wagner / Editionsleitung: Thomas Synofzik, Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik, Axel Schröter und Klaus Döge / Köln: Verlag Dohr / Erschienen: 2014
ISBN: 978-3-86846-016-2
604ff.

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 10623,53-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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