23.01.2024

Briefe



Rückwärts
	
ID: 19537
Geschrieben am: Samstag 20.06.1863
 


Colmar. 20 Juny. 63

Liebe Frau Schumann,
Heute reise ich nach Straßburg zum Feste; Bruder Franz dirigirt seinen Maennerverein im Wettkampf und hat den hübschen Chor von Ihrem Unsterblichen einstudirt: Frühlingsglocken[!] Ich war Gestern Abend in Thann u. hörte die Herrn singen. Die Stimmen sind schlecht, folglich klingt es nicht schön, aber der Chor ist gut einstudirt u. geht sicher. Ob ich Sie von Straßburg berichten kann weiß ich noch nicht. Montag wird A die Symphonie gemacht u. ein Werk von Berlioz, welches er selbst dirigirt. Als zukünftiger Dirigent|2| muß ich wohl dabei seyn; B. ist immerhin eine interessante Erscheinung & sein Werk unter seiner Leitung mag vielleicht weniger unmusikalisch klingen. Von Romeo u. Julie habe ich in der letzten Woche vieles am Clavier studirt. Ohne die Instrumentirung klingt es wahrhaft scheußlich und schülerhaft; ich möchte diese Grundzeichnung zu einem Gemälde, das sehr schön seyn soll, nicht gemacht haben! Das kann man nicht Musik nennen!
Unbegreiflich ist diese Accorden Folge
a gis
F tremolo E ebenfalls, & so drei
H cis
mal hintereinander. Fürchterlich! Am 23 kehre ich wohl nach Colmar zurück, oder besuche Sie nur auf einen Tag, denn am 2. od. 3 July reise ich schon nach Lüttich. Am 4ten ist|3| Generalprobe, & am 7 das Concert. Am 10 singe ich in Wiesbaden. Geld muß geschafft werden, denn ich will meine Möbel nicht nach Hamburg mitschleppen, sondern neue kaufen & das kostet viel. An die Direction in Baden werde ich ebenfalls schreiben. Vom 11 od. 12 July an werde ich auf Johannis bei Familie Mumm aus Frankfurt einige Tage verbringen. Wollen Sie zu der Zeit daß wir ein oder zwei Concerte in Kreuznach geben, so bitte ich es mir wißen zu laßen. – Ich war so frei nach Wiesbaden zu berichten daß Sie in Baden verweilen. Wie schön wenn Sie im selben Concerte mitwirken würden! Dieser Tage sehen Sie Kirchner, & ich hoffe noch daß ich Sie beide sehn werde. Wenn ich kein Bett in Straßburg finde nehme ich eins im Badischen Hof.
Mit herzlichem Gruß
Ihr ergebener
J. Stockhausen

Viele Grüsse an Ihre lieben Kinder. – Von Berlin keine Briefe. –

  Absender: Stockhausen, Julius (1547)
  Absendeort: Kolmar
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 7
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Jenny Lind-Goldschmidt, Wilhelmine Schröder-Devrient, Julius Stockhausen, Pauline Viardot-Garcia und anderen Sängern und Sängerinnen / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Jelena Josic, Thomas Synofzik, Anselm Eber und Carlos Lozano Fernandez / Dohr / Erschienen: 2023
ISBN: 978-3-86846-018-6
591ff.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 2,75
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



Wir verwenden Cookies, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten (Mehr Informationen).
Wenn Sie auf unserer Seite weitersurfen, stimmen Sie bitte der Cookie-Nutzung zu. Ich stimme zu.