23.01.2024

Briefe



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ID: 18813
Geschrieben am: Sonntag 11.07.1869
 

Liebe Frau Schumann

Wir hören von der Möglichkeit, daß Sie Gastein als Erholungsbad wählen würden. Das ist ja eine ganz herrliche Idee, und ich wollte ich kennte den Arzt, der so vernünftige, auch in die Ferne wirkende, Freunde beglückende Gedanken hat: er sollte ein Dankesvotum und meine Kundschaft <ha>bekommen. Nun möchte ich Sie aber recht dringend bitten uns nicht zu lange in wenn auch freudiger Erwartung schweben zu lassen! Die Enttäuschung wäre erstens später doppelt fühlbar – dann aber auch richtete ich mich gerne mit den Ausflügen, die wir bei dem jetzt schön werdenden Wetter gern unternehmen werden, nach Ihrem Erscheinen. Denken Sie, daß ich z. B. nie in Gastein war, bloß bis Golling auf dem Weg dahin. Kämen Sie nun mit Marie oder Julien, oder beiden, (was am besten wäre), so könnten wir ja gemeinschaftlich einen Zweispänner nehmen, und wir machten von hier ab in 3 Tagen etwa die Tour, und stiegen bei allen schönen Punkten (Hallein, Berchtesgaden, Golling etc) aus, es wäre wirklich ganz einzig schön, wenn ich Ihren Führer abgeben dürfte bei all dem Naturherrlichen, Großen! Meine Frau freut sich auch schon von Herzen auf die Sache; fast ist’s zu gut um Einem zu werden! Und darum schreiben Sie bald, recht bald ein bestätigendes Wort. Ich denke Sie kommen bald, wenn Sie für Gastein entschieden sind, und verschiebe darum über meine Stellung zu erzählen bis dahin. Es ist leider nicht viel – vorerst ein bloßes Stundengeben; aber wenn der Himmel mir gute Schüler bescheert, und eine gehörige Zahl, so kann ich mir durch die Orchester-Klasse vielleicht doch eine künstlerische Freude für die Zukunft heranschaffen, und dieser Gedanke, verbunden mit der Aussicht länger bei den Meinen und in stätiger Arbeit zu leben, bestimmte mich für die Annahme. Ich glaube es ist recht gethan. Nun darüber und über „Lixchen“ hoffentlich bald mündlich. Versäumen aber will ich nicht auf’s Wärmste für Ihr freundschaftlich Gedenken an meinen Geburtstag zu danken. Grüßen Sie von Herzen alle lieben Ihrigen, und Brahms, Levi und Julie v. Asten, die wohl Ihren häufigsten
Umgang bilden.
Ihr getreuer
Joseph Joachim

  Absender: Joachim, Joseph (773)
  Absendeort: o. O.
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 2
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Joseph Joachim und seiner Familie / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz / Dohr / Erschienen: 2019
ISBN: 978-3-86846-013-1
978f.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 2,270
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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