23.01.2024

Briefe



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ID: 18535
Geschrieben am: Mittwoch 14.10.1891
 

Jagdhaus Bleß, 14. 10. 91.
Hochverehrte Frau!
Sie gedenken gewiß noch unseres schönen Zusammenseins bei Voß und erinnern sich der Hoffnung, die Sie uns gaben, Sie bei einer der nächsten Besuche unseres geliebten Brahms mit Ihrem Besuche gleichfalls erfreuen zu wollen. Am 23sten und 24sten November nun, will Brahms seine zwei neuen Compositionen, ein Trio und ein Quintett, zum ersten Male, in unseren Zimmern, aufführen, und wird jedenfalls schon einige Zeit vorher eintreffen und hoffentlich auch hinterher noch bleiben. Wollen Sie ihm und uns die Herzensfreude bereiten, seine „liebste und beste Zuhörerin“ zu sein? Wohl höre ich, daß Ihre Gesundheit im Augenblick besonders zu wünschen übrig läßt, es ist ja aber auch noch ziemlich lange hin bis zur zweiten Hälfte November und Ihr Leiden ist hoffentlich ein nur vorübergehendes. Daß wir auf das, leider nicht vorübergehende Leiden, welches das Alter mit sich bringt, jede nur denkbare Rücksicht nehmen werden, Ihnen keinerlei irgendwie anstrengende Zumuthungen machen, Sie ganz und gar nach Ihrem Wohlgefallen und Behagen leben lassen werden, das, hochverehrte Frau, kann ich Ihnen fest versichern. Sie und Ihr Fräulein Tochter würden in warmen, behaglichen Räumen im Parterre Geschoß des Schloßes, neben Brahms, wohnen, und um in’s Freie zu gelangen keine Stufe, um spatzieren zu gehen nur 10 Stufen steigen brauchen. Alle Musik kann in Ihr Zimmer verlegt werden, ebenso die gemeinsamen Mahlzeiten, und in meiner kleinen Parterre-Loge werden Sie sich im Theater so gemüthlich wie möglich fühlen. Wollen Sie uns die Freude machen?! Ich bitte für Brahms mit, denn ich weiß, daß das am besten helfen wird. Der Herzog hat das Schreiben mir überlassen, weil er sagt, Frauen wüßten besser zuzureden. Möchte mein Zureden Sie überzeugen, daß Sie sich die kleine Reise zumuthen dürfen und daß Sie nirgend mit mehr Liebe und Sorgfalt umgeben sein können, als bei uns! Einer gütigen Zusage entgegenhoffend, bin ich, hochverehrte Frau, mit besten Empfehlungen an Ihr Fräulein Tochter, Ihre Ihnen
herzlich ergebene
Heldburg.

Unsere Adresse ist bis 15ten November: Altenstein Sachsen-Meiningen

  Absender: Heldburg, Helene Freifrau von (645)
  Absendeort: Altenstein
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 12
Briefwechsel Clara Schumanns mit Landgräfin Anna von Hessen, Marie von Oriola und anderen Angehörigen deutscher Adelshäuser / Editionsleitung: Thomas Synofzik, Michael Heinemann / Herausgeber: Annegret Rosenmüller / Köln: Verlag Dohr / Erschienen: 2015
ISBN: 978-3-86846-023-0
430f.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 6,96
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 

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