Redaction
des
Correspondenz-Blattes fürSchweizerAerzte.
___________
Frauenfeld 11/XI. 90.
Hochgeehrte Frau <S>!
Erlauben Sie, daß ich mich vorstelle: Dr Haffter, prakt. Arzt in Frauenfeld, einer kl. Schweiz. Stadt à 5000 Einwohner, 39 J. alt, seit 20 Jahren begeisterter Verehrer Schumann-Wieck’schen Geistes, im innersten Herzen dankbar dafür, daß die Schumann’sche Muse ihn immer & immer wieder über die Müh- & Drangsale des Alltagsleben hinweghebt & ihm die Lust & Freude am Leben & Wirken erhält. – Seit Jahren war es mein Lieblingstraum, hier in Frauenfeld einmal ein größeres Tonwerk Ihres verehrten Mannes zur Aufführung zu bringen. In engstem Kreise haben wir längst Schumann getrieben & seine Clavierwerke, |1| seine Violinsonaten, Quartette, Quintett, Lieder etc sind unsere längst gepflegten Lieblinge. – Aber ich möchte auch den weitern Schichten der hies. Bevölkerung den Schumann’schen Himmel auf Erden erschließen, sie – nachdem ich mit einem vor 5 Jahren gegründeten Oratorienverein durch Aufführung von Mendelssohn’s Elias etc den Boden präparirt – in’s Paradies einführen. Am 14 Dec. führen wir die Peri auf; um den Mitwirkenden das Interesse für diese Perle musikal. Schöpfungen auf jede Weise zu erregen, bringe ich in den Pausen jeder Probe Allerlei vor, was ich aus der Literatur über Rob. Schumann & sein genanntes Werk ermitteln kann. –
Von höchstem Werthe & von ganz besonderer Weihe für unser im¬merhin |3| – in Anbetracht unserer bescheidenen Kräfte – großartiges & kühnes Unternehmen wäre es, wenn Sie, hochverehrte Frau, die Güte haben wollten, mir in einigen Zeilen Einiges über die Entstehung & die weitern Schicksale von Paradies & Peri mitzutheilen – kleine Skizzen, die nirgends gedruckt sind & durch deren Mittheilung ich den Enthusiasmus der Mitwirkenden aufs Höchste steigern könnte. –
Glauben Sie mir – hochverehrte Frau – es ist das heiligste, ideale Feuer der Begeisterung für Rob. Schumann & sein herrliches Werk, welches mich zu der kühnen Bitte begeistert & Sie werden durch Erfüllung derselben sich viele dankbare Herzen schaffen. Gestatten Sie mir, daß ich Ihnen zum Schluße meine warme, begeisterte |4| Verehrung & Hochachtung ausdrücke.
Ihr ergebenster
Dr E. Haffter
Frauenfeld (Schweiz.)
|