23.01.2024

Briefe



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ID: 17572
Geschrieben am: Freitag 10.09.1886
 

Villa Thun,
Gmunden, d. 10. Septbr

Liebe, verehrte Frau Schumann!

Meine letzten Nachrichten über Sie waren daß Sie’s vom Vordereck aus Sehnsucht nach Sonne und Wärme fortgetrieben habe! Nach Meran. Aber ich fürchte, wenn es dort im Verhältniß warm war wie <selbst> in Berlin, so werden Sie nun der Gluth entflohen sein, und ich schreibe deshalb meinen Glückwunsch und meine freundschaftlichen Grüße zum nächsten Montag über Frankfurt. Möchten Sie Ihnen noch zur rechten Stunde sagen, wie ich Ihrer unwandelbar in Treue und Verehrung denke. Gehört doch das Bewußtsein von Ihrer Existenz für mich zu den lichten Seiten meines Lebens; das wissen Sie hoffentlich, verehrte Freundin. – Ich habe es recht entbehrt Sie nicht bei Berchtesgaden aufsuchen zu dürfen; Sie reisten so unerwartet früh von dort ab, daß es für mich unmöglich wurde, da ich bis gegen Ende August mit Paul an der Ostsee bleiben mußte. Auch ich habe dort gebadet, und mir wie ihm ist es sehr gut bekommen, so daß ich nun nicht mehr nach Gastein zu gehen brauche. Ich bin nach einem achttägigen Aufenthalt in Berlin über Salzburg hieher gereist, wo ich 14 Tage als Gast der gütigen Königin von Hannover bleiben werde. Es wäre hier sehr schön, wenn die Hitze nicht so anhaltend brennte; doch sind die Abende wenigstens erquicklich. Ich hoffe in einigen Tagen meinen Johannes her zu bekommen, der einstweilen noch in Salzburg bei den Schwestern weilt, mit denen auch ich den Sonntag verlebte. Wir machten eine Landpartie, zu der sie mich im Hotel abholten. – Die lieben Mädchen entwickeln sich sehr erfreulich, sind gescheidt und frisch, und bewahren mir ihre Herzlichkeit trotz der langen Trennungen. Aber Sie können denken mit welchen wehmuthvollen Empfindungen mich Salzburg erfüllte bei allem Glück die Kinder zu haben. – Ich bin sehr gespannt auf die Mendelssohn- Briefe Schumanns, von denen ich nichts kenne. Die meinigen hat mir Franz M. wieder gegeben, der leider nicht so frisch ist, wie wir es ihm beide wünschen. Ich muß schließen, da ich bei der Königin erwartet werde, der ich wie auch der Prinzess Mary <>versprach die herzlichsten Glückwünsche auszurichten.
Von Herzen Ihnen und den Ihrigen ergeben
Joseph Joachim

  Absender: Joachim, Joseph (773)
  Absendeort:
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 2
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Joseph Joachim und seiner Familie / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz / Dohr / Erschienen: 2019
ISBN: 978-3-86846-013-1
1307ff

  Standort/Quelle:*) D-DÜhh
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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