Liebe, verehrte Frau Schumann!
Mit einigen Worten muß ich doch aufklären, daß es mir nicht in den Sinn kam bei Gelegenheit der Cherubini’schen und Schumann’schen Mscrpte den Werth der beiden Meister abzuwägen! Das haben Sie gewiß auch nicht gedacht, obwohl es fast scheinen will nach Ihren Zeilen. Ich habe bloß aus den Skrupeln des Finanzministers an die Möglichkeit gedacht, daß er als zäher, preußischer Finanzmann einen Maßstab an der doppelt großen Zahl Cherubinischer (zum Theil sogar noch ungedruckter Sachen) nimmt, und bei Ihnen damit entschuldigt, daß man nicht herzhafter hier zugreift. Übrigens gebe ich die Hoffnung nicht auf, daß es doch noch zu einem für die Bibliothek günstigen Resultate kommt, da es an maßgebender Stelle an Interesse dafür gewiß nicht fehlt. Ich möchte Sie wenigstens herzlich bitten noch keine andern Schritte zu thun, oder wenigstens vor einer definitiven Abmachung mir es zu sagen. Auch ich suche, soweit meine Stellung es ermöglicht, das Meinige zu einer befriedigenden Lösung beizutragen. Von mir ist nicht viel Neues zu erzählen. Morgen geht Paulchen mit Mutter und Schwester nach Ems, und ich sitze dann allein in dem großen Haus. Ich wollte, ich könnte es verkaufen; aber Sie wissen aus Erfahrung wie schwer so was geht.
Mit herzlichem Gruß an die lieben Ihrigen, in alter Ergebenheit
Joseph Joachim
d. 14. Mai.
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