Liebe Frau Schumann!
Wenn auch nur ein paar Worte, einen Gruß muß ich Ihnen doch zu dem uns allen so lieben Tag1 schicken, an dem Sie uns geschenkt wurden. Ich wäre gerne heute, d. h. eigentlich übermorgen bei Ihnen, und Sie erlauben mir wohl Ihnen wenigstens zu dem Gruß ein äußeres Zeichen zu senden, daß ich Ihrer gedacht, in Gestalt der Moltke’schen Briefe, von denen ich Ihnen erzählt habe. Sie geben eine vortreffliche Reiselektüre ab, da man sie einzeln mit Genuß immer lesen kann; und Unterbrechungen nichts schaden. Daß sie nicht gebunden sind müssen Sie mit dem Umstand entschuldigen, daß mein Buchhändler sie nicht vorräthig hatte und erst besorgen mußte. Ich darf sie wohl später binden lassen, bitte um die Gunst, daß Sie mir das aufsparen, und daß ich dann Datum und Jo hinein kritzeln darf. Von meinen Lieben habe ich aus Norderney gute Zeitung; die Kinder sind im Sand, der immer gleich wieder trocknet, ganz glücklich wenn sie schaufeln und Muscheln suchen. – Ich habe etwas müde Hände, da ich viel gespielt, geschrieben und dirigirt habe dieser Tage. Ich bitte auch Ihre lieben Kinder, von Marie bis Gado, zu grüßen, und Lesers. Ferdinand sah ich gestern in seiner Goldhöle [sic] (bei Plauts, wo ich Geschäfte hatte) und bat ihn für Sonntag zu Tisch.
Herzlich ergeben
der Ihre
Joseph Joachim
Berlin, d. 11ten Sept. 1872.
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