23.01.2024

Briefe



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ID: 17477
Geschrieben am: Mittwoch 27.09.1871
 

Berlin, d. 27ten Octbr. 1871.

Liebe Frau Schumann

Sie haben meiner Frau durch Ihre Einladung zu gemeinsamen Concerten eine große Freude gemacht. Ich wollte auch dabei sein können; aber das geht ja nun einmal nicht! Dennoch soll ich im Auftrag meiner Frau über dieselben mitreden, weil sie sich scheut überhaupt eine Frage zu erwähnen, die mit der Musik nichts zu thun hat, und von Concerten leider oder oft auch Gottlob!? hienieden nicht zu trennen ist. Also – ohne weiteres Stottern – finden wir, daß die Einnahme unmöglich in zwei gleiche Hälften vertheilt werden darf! Gar nicht zu erwähnen<,> wie viel bekannter Ihre Leistungen dem Publikum sind, haben Sie doch auch ohne Vergleich mehr Last und Mühe von den Concerten, die höchsten zum 3ten Theil von den Gesangsnummern ausgefüllt werden. Da meint meine Frau, daß sie auch höchstens den 3ten Theil der Einnahme beanspruchen könnte, und daß es ihr unmöglich wäre vor Bedrückung den Mund aufzuthun, wenn Sie etwa eine <> gleiche Theilung bestimmt hätten. Dies freundlichst zu beherzigen, verehrte Freundin, haben Sie wohl die Güte. Noch muß ich erwähnen, daß meine Frau durch frühere Versprechen gebunden ist am 3ten Novbr im Hamburger Philharmonischen (die Rhapsodie v. Brahms) zu singen, ferner am 19ten Decbr in Cöln Theodora v. Händel. Ist es <ferner> außerdemmöglich, so will sie gerne dem Stern’schen Verein bei der Mendelssohn-Feier den 4ten Novbr helfen den Elias aufzuführen, aus Rücksicht für den verstorbenen Meister und Gönner. Geht das? Sie sind dann, glaube ich, in Breslau. In letzter Stadt zu singen möchte meine Frau, wenn es Ihre Pläne nicht zu sehr genirt, vermeiden. Scholz hat uns hier in einer Weise, die ich um nicht ein härteres Wort zu gebrauchen als unzart und anmaßend in höchstem Grad kenntzeichnen [sic] will, die Freundschaft gekündigt, und Sie können denken, daß es nach so langjähriger treuer Anhänglichkeit nun doppelt fatal wäre in derselben Stadt zu sein, wo meiden und zusammen treffen
<in> gleich<er> <Weise> schlimm berühren würden. – Doch müßten Rücksichten auf Ihre Pläne diese Empfindungen natürlich <nicht> niederhalten, wenn’s nicht anders geht. – Das Schönste ist doch daß Sie auch hieher kommen, worauf sich schon jetzt von Herzen freut
Ihr Joseph Joachim

Von Chapel habe ich seit ich London verlassen keine Silbe gehört. Er schadet nur sich selbst.

  Absender: Joachim, Joseph (773)
  Absendeort:
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 2
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Joseph Joachim und seiner Familie / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz / Dohr / Erschienen: 2019
ISBN: 978-3-86846-013-1
1044f.

  Standort/Quelle:*) D-DÜhh
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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