Liebe Frau Schumann!
Gott sey Dank daß meine Hand es mir erlaubt, Ihnen selbst meinen Gruß u. Glückwunsch zu Ihrem morgenden Geburtstage zu schicken. Freilich wären wir noch lieber selber gekommen – aber leider ist dies dieses Jahr gar nicht möglich. – Ich denke mir, u. hoffe sehr, daß Sie morgen alle die Ihrigen bei sich haben u. Sie recht vergnügt zusammen sein werden. Wir wollen recht lebhaft an Sie denken u. singen „wenn ich ein Vöglein wär’.“ – Mir bekömt [sic] der Aufenthalt hier ganz gut u. ich gehe, nach dem bisherigen Erfolg der Cur, doch mit ziemlicher Ruhe dem Winter entgegen – vor welchem ich noch vor 6 Wochen zitterte. – Ich will in Hannover, während mein Mann nach allen vier Winden fliegt, mich ganz ruhig halten u. wenn es mein Körper erlaubt, recht fleißig studiren. – Ich hoffe sehr, daß Sie doch öfter durch Hann. kommen – u. Fräulein Marie ist dann wohl so gut mich davon zu benachrichtigen, daß ich wenigstens auf dem Bahnhof Sie sehen kann – nicht wahr? – Wie geht es Fräulein Julchen? Ist sie nur recht kräftig? u. gedenkt Frl. Elise wieder nach Frankfurt zu gehen – trotzdem es eine Provinzstadt geworden ist? – Wie viel hat sich doch im lieben deutschen Vaterlande verändert! – Ich hoffe für uns Alle zum Segen! – Meine fernen Söhne sind – Gott sei Dank ganz wohl u. vergnügt. Putz ist heute zwei Jahre alt – aber schon klug u. ausgelassen für ein höheres Alter. Er schickt Tante Schumann ein Kußhändchen. Hermänni geht sehr mit dem zahnen um – sonst aber ist er gesund u. sehr kräftig. Er bemüht sich sehr, ein Mensch zu werden – ist aber doch noch mehr Murmelthier. Auch machen uns die Kinder viel Spaß u. rauben dem lieben Papa sehr viel Zeit. – Nun noch die Bitte, liebste Frau Schumann, behalten Sie mich auch in diesem Ihren neuen Lebensjahre ein klein wenig lieb u. glauben Sie, daß ich mit wahrer Verehrung u. Liebe bin
Ihre
treuergebene
Ursi J. –
Neustadt-Harzburg d 12ten Sept. 1866
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