Salzburg am 27ten Juli 1863
Liebe, verehrte Frau Schumann!
Die ersten ruhigen Stunden welche ich seit meiner Verheirathung habe, benutze ich, um Ihnen meine herzlichsten Grüße zu sagen. – Wie Sie aus der Überschrift sehen, liebe Frau Schumann, sind wir im schönen Salzburg und zwar schon seit 3 Wochen. Doch leider haben wir von der Schönheit des Aufenthalts noch wenig genossen, da ich kaum hier angekommen, erkrankte, und selbst jetzt noch nur mit Anstrengung außer Bett sein kann. Die Reise und der längere Aufenthalt in Wien, war ziemlich anstrengend – dazu die Aufregung u. Anstrengung der letzten Wochen in Hannover, werden mir zu viel geworden sein. Mein lieber Mann ist nur zu bedauern, welcher, da er mich nicht allein lassen will, nun auch ans Zimmer gebunden ist. Insoweit ist es gut, daß er nun wieder tüchtig an’s spielen und arbeiten denkt. Er ist wirklich recht fleißig, und ich hoffe, daß er nächstens seine Freunde mit einer Neuigkeit überraschen wird. Wie es unter diesen traurigen Umständen mit unsrem Besuch bei Ihnen, lieben [sic] Frau Schumann, aussieht, weiß ich leider nicht. – Ich habe mich zu sehr gefreut, Sie in Ihrer Häuslichkeit u. all die Ihrigen begrüßen zu können, daß mir das Entsagen recht schwer würde – vielleicht kann es doch noch sein – vielleicht nach dem Fest in München. – In Wien u. Pesth habe ich die Eltern u. Verwandte meines lieben Jo kennen gelernt, u. Schwägerin Pepi bat mich recht sehr Sie von ihr zu grüßen. Sie spricht mit großer Liebe von Ihnen u. zählt die Tage, wo Sie in Ungarn waren, zu den schönsten ihres Lebens. Mein Mann grüßt herzlichst. Von mir die besten, besten Grüße bis zum frohen Wiedersehen!
Ihre Sie hochverehrende
Ursi Joachim
Liebe, gute Frau Schumann
Ich kann die Zeilen meiner Frau unmöglich fortgehen sehen, ohne ein paar Grußesworte selbst hinzu zu schreiben. Sie müssen diesmal ein wenig Gnade für Recht über mein Stillschweigen ergehen lassen! Zuerst die Wiener und Pesther Reise, die sehr Zeit und Ruhe raubend war, in Folge davon das Unwohlsein meiner theuern Ursi. Jetzt sind wir sehr angenehm eingemiethet, was Ihnen wohl meine Frau mitgetheilt haben wird. Ich musicire seit einigen Tagen wieder, und denke hier fleißige Tage zu verleben; Naturschönheit und Ruhe walten rings um. Wahrscheinlich bleiben wir bis zum Münchner-Fest5 hier, die Wiener und Pesther haben gar zu lange aufgehalten, um noch viel Reisen zu unternehmen, so leid es mir wegen Baden-Baden thut. Darüber kann ich nicht so kurzweg reden, also baldigst mehr. Meine Adresse ist: poste restante Salzburg. Meine Frau will mich nie ihre Briefe lesen lassen, die Schlimme; also kann nichts dafür wenn dasselbe in beiden steht. Adieu, und 1000 Grüße den lieben Ihrigen
von
Ihrem
Joseph J.
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