Sonnabend
Liebe Frau Schumann
vielen Dank Ihnen und Ihrer lieben Marie für Ihre Nachrichten. Es ist mir nicht möglich den König wegen des Mozart-Concertes selbst zu fragen, und für mich ist es auch schwer zu entscheiden. Sie müssen thun was Ihnen selbst am meisten zusagt; alles was Sie geben ist eine Labung. Sonst habe ich im allgemeinen, was Mozart u. Beethoven einem gewöhnlichen Publikum gegenüber anlangt, gefunden, daß es eher für die reichen Gegensätze und die großen Züge Beethovens, als für die edle, gleichmäßige<n> Schönheit Mozart’s Sinn und Gefühl hat. Wenn nur der König überhaupt in’s Konzert kann; die Königin wird keinesfalls kommen können; es ist seit gestern Hof-Trauer, der Großmutter der Königin wegen. Es sollte gestern mit Pauer aus London im Palais musicirt werden, und es wurde plötzlich der Trauerkunde halber abgesagt. Nun spielt Pauer statt dessen am Dienstag im Theater; er war an Platen u. die Bernstorff empfohlen und ist ein alter Bekannter von mir, so daß man von allen Seiten Rücksicht nimmt. Kennen Sie sein Spiel? Es ist mehr tüchtig als fein und künstlerisch, wenn man den höchsten (Duesseldorfer) Maßstab anlegt. Ich kann ihn aber sehr gut leiden: er spielt alles Gute, und auswendig – aber es ist wie eine Bibliothek in der ungestraft Geibel neben Shakespeare steht, wie an manchen Orten wohl vorkommt. Im Theater wird er das Es-dur Concert v. Beethoven spielen. Das darf für Sie kein Grund sein, das Gdur Concert v. B nicht zu spielen. Wenn Sie mir nur umgehend schreiben wollen ob Sie Mozart oder Beethoven lieber auf’s Programm gestellt wissen wollen so richte ich’s übrige Concert darnach ein. Ich freue mich auf G dur oder Dmol gleichmäßig. Ich schreibe morgen wegen der Herman u. Dorothea-Ouverture wieder; Stimmen habe ich außer denen aus Duesseldorf keine erhalten, wohl aber Partitur. Das Nähere morgen; die Zeilen müssen zur Post. Empfehlungen in’s Fregesche Haus. Der Ihre, Joachim
Frau Dr Clara Schumann
Leipzig
bei Herrn Dr Frege abzugeben
|