Düsseldorf, den 11ten Juli 1853.
Geehrter Freund,
Von dem, was Sie mir schreiben, habe ich nicht die geringste Ahnung gehabt. Die Sache verhält sich so: etwa im Jahr 1845 sprach ich mit Hrn. Whistling, ich hätte 2 Exemplare der Zeitschrift übrig , die unbenützt dalägen, und ob er sie gegen eine verhältnißmäßige Gegenleistung an Musikalien für sich gebrauchen wollte. Seit dieser Zeit habe ich nie wieder etwas von dieser Sache gehört, auch von ihm eine Gegenleistung an Musikalien nie erhalten, vom J. 1851 an auch nicht einmal das 3te Exemplar, das ich mir für meine eigene Bibliothek zurückzulegen gedacht. Ich will auch nicht, daß diese Uebereinkunft, von der ich glaubte, daß sie gar nicht mehr bestehe, als eine ferner dauernde angesehen werde, und bitte Sie, diese Erklärung Hrn. Whistling mitzutheilen.
Ich begnüge mich, wenn Sie mir von jetzt an 2 Freiexemplare gewähren, und zwar eines in wöchentlicher Zusendung (durch Bayrhofer, an den Hr. Hinze doch gewiß auch regelmäßig expedirt), und das andere immer complet am Schluß eines Bandes. Wollen Sie so gefällig sein, Dies in dieser Weise zu arrangiren? –
Nun noch etwas, worüber ich Ihnen Rath und womöglich Vermittelung mir erbitte. Ich habe in der letzten Zeit meine literarisch-musikalischen Aufsätze in den früheren Jahrgängen der Zeitschrift zu sammeln begonnen und möchte sie in Auswahl und mit der größten Strenge überarbeitet, als ein Ganzes unter dem Titel „Aufzeichnungen über Musik u. Musiker aus d. Jahren 1834–44“ erscheinen lassen. Es würden nach meinem Ueberschlag zwei Bände, jeder von 30 Bogen, geben. Nun dachte ich, daß es wohl angemessen wäre, dem jetzigen Verleger der Zeitschrift zum Ersten davon wissen zu laßen und bitte Sie denn, dies zu thun. Ist er dazu geneigt, so werde ich ihm dann selbst das Genauere auseinandersetzen. Es liegt mir nicht daran, etwa Schätze damit zu erwerben; ich möchte ein Andenken an mich hinterlassen, wenn ich sagen darf gewissermaßen den Text zu meinem productiven Schaffen. Noch bitte ich Sie auch, das Vorige als etwas im Vertrauen Gesagtes zu nehmen und außer Hrn. Hinze Niemandem etwas davon mitzutheilen.
Hier ist es musikalisch sehr still und ich habe mehr Ferienzeit, als ich wünschte. Doch steht mir im Herbst eine desto größere Anstrengung bevor. Es wird in der Pfalz ein dreitägiges Musikfest stattfinden, das zu dirigiren man mich invitirt hat. Wären Sie doch bei unserem gewesen! Eine solche Gewalt der Musik, namentlich des Orchesters, habe ich vordem noch nie empfunden.
Ich werde mich bemühen, Ihnen für die nächsten Musiksaison einen guten Berichterstatter zu verschaffen, obgleich an solchen, wie überall, auch hier kein Ueberschuß ist. Anderseits wäre der künstlerische Sinn, der schon seit einer Reihe von Jahren über das hiesige Musikleben waltet und den ich vorfindend nur weiter zu pflegen hatte, manchen anderen größeren Städten gegenüber gar wohl herauszuheben.
Nun genug für heute und laßen Sie bald wieder von sich hören.
Ihr
ergebener
R. Schumann.