23.01.2024

Briefe



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ID: 14430
Geschrieben am: Donnerstag 23.05.1850
 

(Leipzig) Donnerstag, d. 25. Mai (1850)
Meine liebe Emilie,
recht sehr gefreut habe ich mich über Ihren lieben Brief und die guten Nachrichten, doch die Betrübnis des Mariechen hat mich recht traurig ge¬macht, obgleich es mich andererseits doch auch freuen konnte, und auch der kleine Ludwig dauert mich recht sehr, Julie und Elise empfinden gewiß die Trennung am wenigsten! nun aber eine Frage an Friederike: wo hat nur die Julien gesteckt, als wir von den Kindern Abschied nah¬men? wir besannen uns Beide auf der Fahrt hierher, daß wir ihr gar nicht Adieu gesagt haben, weil wir sie nicht gesehen, und dadurch, daß Marie und Elise mit uns fuhren, ganz irre geworden waren. Es hat mich dies schrecklich beunruhigt, ich habe mir immer Vorwürfe gemacht, und war doch ohne Schuld! bitte, beantworten Sie mir das, noch jetzt beunruhigt es mich, wenn ich daran denke, daß das Kind etwa geglaubt haben könnte, es sei Absicht gewesen.
Uns geht es ganz gut, wir wohnen hier, wie im Paradiese – auch Sie werden Sich Selbst davon überzeugen. Die ersten Tage war mein Mann sehr unwohl, jetzt ist es aber wieder gut! gestern haben wir die ersten Chor- und Solosänger-Proben gehalten, und war mein Mann sehr zufrie¬den, da sie alle sehr gut gelernt haben. Der Chor hat nur 14 Tage gelernt, kann aber fast alles auswendig. Wir denken nun, daß die Oper den 6. oder 7ten Juni herauskömmt, wenn nicht etwa Dieser oder Jener von den Sän¬gern krank wird, worauf [man] bei so großem Personal immer gefaßt sein muß. Das Wetter ist herrlich hier! gewiß auch in Dresden. Gehen Sie ja recht fleißig spazieren, aber bitte nicht über die Berge vom plauenschen Grunde, es versetzt mir den Athem, wenn ich nur daran denke. Wenns früh warm u. trocken ist, so schicken Sie die Kleinen vor dem Bade in den Garten, etwa bis 10–11 Uhr, und wenn die Sonne dann kömmt, lassen Sie sie herauf kommen, denn in der großen Mittagshitze können Sie sie so nicht hinaus lassen. Abends gehen Sie doch manchmal mit den Kindern in die Milch, oder essen auch zu Hause manchmal Semmelmilch. Bitte, bitte, lassen Sie es Sich an Nichts fehlen.
Die Geschichte mit dem Oberrock ist recht ärgerlich. – ich habe nun hier gleich einen neuen bestellen müssen. –
Haben Sie von dem gefundenen Gelde wohl die Insertionsgebühren für die Annonce abgezogen? Das thut man gewöhnlich!
Die Ausbesserfrau bestellen Sie, wenn Sie sie brauchen – sie be¬kommt 4 Sgr den Tag. Die Lüge von Ernestine ist häßlich, es ist nicht wahr, daß sie die Woche nach den Feiertagen gemeint, denn als ich sagte, ob sie Dienstag kommen wolle, so wollte sie lieber Mittwoch, weil Diens¬tag doch dieser Feiertag war. Nun kurz u. gut, wenn sie nur kömmt. Bitte vergessen Sie nicht, ihr fürs Erste die guten seidenen Kleider für die bei¬den Ältesten machen zu lassen – sie muß so lange daran arbeiten, bis sie ordentlich passen. –
Beifolgenden Brief an die junge Weimaranerin besorgen Sie ja gleich – Sie wissen wohl ihre Adresse? mir schrieb sie sie nicht. Was macht die Titel? grüßen Sie sie.
Marie und Elise schrieben uns wohl? sie sollen sich ja recht artig auf¬führen und fleißig sein, damit sie hierher kommen dürfen – hier ists sehr hübsch und ein Puppenbett ist hier, wie Mariechen noch keines gesehen, so groß, und eine Schaukel, sowie ein großes Pferd usw. usw. –
Wegen eines 4händigen Klavierstücks schreibe ich Ihnen nächs¬tens[.]
Schreiben Sie mir ja immer alle 2 Tage. Adieu, meine liebe Emilie, tausend und abertausend Dank für alle Ihre Liebe! Küssen Sie die Kleinen Alle von der Mama und Papa.
Ihre
Cl. Schumann.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Absendeort: Leipzig
  Empfänger: Steffens, Emilie, verh. Heydenreich, Emilie (3000)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 22
Robert und Clara Schumann im Briefwechsel mit Korrespondenten in Dresden / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Carlos Lozano Fernandez und Renate Brunner / Dohr / Erschienen: 2021
ISBN: 978-3-86846-032-2
894-897

  Standort/Quelle:*) ? " Pastorin Schwen (?) in Freiberg "; Abschr. Kreisig aus Schramm
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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