Frankfurt a/m 7/10. 85.
Liebe Freunde!
Noch habe ich Ihnen nicht für die herzlichen Wünsche zum 13ten gedankt, aber diese letzte Zeit war wirklich entsetzlich! Wir, Marie und ich, sind so überbürdet mit Arbeit, wie kaum je zuvor. Eine Haupt-Arbeit, die uns jetzt obliegt, ist die Herausgabe der „Jugendbriefe“ meines Mannes, die uns jetzt |2| täglich Correkturen bringt u. immer wieder den Vergleich mit dem Originalbriefen erfordert, was eine schwere Arbeit ist, weil man oft tagelang über ein Wort simulirt, das man nicht entziffern kann. Wir haben aber auch viel Freude daran, u. die werden Sie beim Lesen auch haben.
Die „Rose“ ist mit einigen anderen Clavierauszügen fort – |3| leider haben Sie doch viele Fehler noch gefunden – ich finde dies ganz trostlos. Bitte, sagen Sie mir doch durch eine Correspondenzkarte, ob Sie das Requiem von Schumann schon in Revision gehabt haben? Ich glaube es nicht, u. möchte es Ihnen später schicken, wenn ich die Original-Partitur wiederhabe.
Was soll ich Ihnen nun rathen wegen der Lieder für Härtel’s, |4| wahrlich ein schwieriger Casus ist dies! Ich bin überhaupt, wie Sie, gegen das Transponiren, wenn es aber doch einmal geschehen soll, so muß ich doch wieder wünschen, daß ein feiner, pietätvoller Musiker es thue, u. so möchte ich doch, Sie thäten es. Ich denke, Sie werden zwischen den Tonarten eine leidliche Vermittlung doch finden, während viele Andere ins Zeug gehen würden, ohne viele Gewissensscrupel.
|5| Eugenie hat uns von Ihnen Beiden erzählt, aber wir waren nicht zufrieden damit, weil sie sagte, sie habe Sie in nicht guter Stimmung gefunden, was mir gar so herzlich leid thut. Ich möchte Ihnen zum Trost nur immer sagen, daß es wohl kein Comité in der Welt giebt, wo nicht einige Elemente vorhanden, die Einen immer ärgern. Könnten Sie sich doch Beide etwas mehr Gleichmuth anschaffen! Freilich ist |6| das schwer bei lebhaftem Temperament, u. der Dritte hat gut reden, der’s nicht miterfährt.
Für heute noch herzlichste Grüße Ihnen Beiden von
Ihrer
altgetreuen
Clara Schumann.
P. S.
Wegen meines Arms mußte ich diktiren, was Sie freundl. entschuldigen wollen.
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