Meine liebe Marie,
leider kann ich Ihnen nur Wenig sagen, ich bin gar zu sehr beschäfftigt – Fräulein Schönerstedt schreibt Ihnen mit Diesem. Nur das muß ich Ihnen aussprechen, wie tief betrübt ich bin, daß es Ihnen jetzt so schlecht geht, und Sie an den Augen so viel gelitten – schonen Sie Sich doch ja so viel Sie können, und lassen Sie den Muth nicht sinken, Sie Liebe, Gute! es kommt |2| auch wieder besser, gewiß! das ist jetzt nur durch Ihr Au¬genübel verursacht gewesen, und können sich natürlich die Stunden erst nach und nach wieder finden. Mit Freude habe ich Ihnen das Zeugniß geschrieben, aber auch mit Betrübniß, denn Sie sind mir eigentlich zu lieb, und stelle ich Sie zu hoch, um zu solchen Mitteln zu greifen. Doch, ich weiß auch, daß der Lauf der Dinge es so verlangt, und so möchte ich nur |3| wünschen, daß ich Ihnen damit nütze.
Ich gehe nächste Woche nach Holland.
Hierbei das Geld – verzeihen Sie meine Vergessenheit.
Joachim hat am Weihnachtsabend meinen geliebten Mann besucht, und Ihn heiter, mild und liebevoll gefunden, jedoch noch immer nicht frei von seiner Krankheit, die er aber auch dafür erkennt, was doch schon ein gutes Theil Genesung ist. Lange werde ich noch Geduld haben |4| müssen. Gott macht es mir leicht – er schenkte mir theuere Freunde, vor Allem den guten Brahms, der mein Leben immer in Wort und That ver¬schönt.
Herzlich Sie grüßend und vom Himmel Gutes für Sie herab wün¬schend
Ihre
Clara Schumann
Düsseld. d. 7 Jan. 1855.
|