23.01.2024

Briefe



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ID: 13761
Geschrieben am: Samstag 11.01.1890
 

Frankfurt a/M, d. 11 Jan. 1890
Meine theuerste Lida,
wenn auch noch immer im Bett, muß ich doch endlich einmal wieder einige Zeilen an Sie richten, für Ihren lieben Brief danken, und Ihnen sagen, daß ich mit meinen Gedanken fortwährend bei Ihnen bin. Mir kommt noch immer Alles wie ein böser Traum vor, unfaßlich ist mir noch immer die Wirklichkeit! Nun sind Ihre lieben Kinder Alle wieder fort, ach, wie vereinsamt sind Sie, ohne ihn, dessen liebende Blicke so oft noch neulich auf Ihnen ruheten, und die ich in treuer Erinnerung mit mir herumtrage. Wie viel Zeit bleibt Einem an Alles zu denken, wenn man so Wochen lang (jetzt schon 2 Wochen) im Bette liegt, wie zieht eine ganze große Vergangenheit an Einem vorüber – wehmüthig genug stimmend!
Gott sei Dank hörte ich von Ihnen, daß Sie leidlich wohl körperlich sind, und, wie Sie das große Leid tragen würden, das wußten wir Alle, die Sie lieben und kennen – recht, um an Ihnen sich zu erheben! Daß ich den geliebten, herrlichen Freund, noch gesehen, und, wie ich ihn noch gesehen, das ist mir ein großer Trost! – Könnte ich Sie, meine Theure, doch sehen – wie schrecklich ist in solchen Zeiten die Trennung. Daß an Sie viele Anforderungen gestellt werden, läßt sich denken, schreiben Sie mir daher nicht, Liebe, Beste, nur lassen Sie mir durch Rosalie manchmal etwas sagen. Wenn doch die Maria einmal ein paar Wochen liegen bliebe, sie wird so, bei der Klepperei, nicht gesund. Der Doctor war sehr streng mit mir, und das war gewiß gut. Ich wäre schon wieder auf, hätte ich nicht furchtbare Nerven-Muskelschmerzen, von dem unausgesetzten Husten bekommen, so daß ich nicht auftreten kann, ohne fürchterliche Schmerzen. Der Husten will auch nicht weichen! – Viele Todesfälle in unserer Bekanntschaft haben sich ereignet. Sommerhoff’s Kinder haben Alle Influenza durchgemacht, aber kurz, Elise liegt jetzt, steht aber heute wieder auf. Seyen Sie getreuest umarmt von Ihrer
Clara

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Bendemann, Lida (176)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 6
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Eduard Bendemann, Julius Hübner, Johann Peter Lyser und anderen Dresdner Künstlern / Editionsleitung: Thomas Synofzik, Michael Heinemann / Herausgeber: Renate Brunner, Michael Heinemann, Irmgard Knechtges-Obrecht, Klaus Martin Kopitz und Annegret Rosenmüller / Köln: Verlag Dohr / Erschienen: 2014
ISBN: 978-3-86846-017-9
396f.

  Standort/Quelle:*) D-LEu, s:Sammlung Bendemann Rep. IX 3/257/13; Abschr. in D-Zsch: 1. in 4969-A2c, blaue Mappe 2. von Marie Sch.: 6281-A2 leicht gek.
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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