Frankf a/m. 11. 2.
Liebste Emma!
Habe Dank für Deine lieben, theilnehmenden Zeilen. Gewiß war der Verlust der Frau Mendelssohn ein harter Schlag für Viele, und sehr traurig war es mir, sie, auf die ich mich am meisten gefreut hatte, nicht mehr zu finden. Mein erstes Gefühl war, jetzt gar nicht nach Berlin zu gehen, ich hatte aber Rücksichten zu nehmen auf Joachim u. einige Freunde von ihm, die, weil ich für den 13. Dez. wo das Concert erst bestimmt war, abgeschrieben hatte, sich alle erdenkliche Mühe gegeben hatten, den einen Tag im Januar zu finden; es galt den Saal, das Orchester u. Joachim zu haben. Ich konnte, nachdem ich diese Mühen verursacht hatte, nicht zurücktreten u. sprach mit Herrn Mendelssohn u. seinen Söhnen ganz offen darüber, u. Alle sagten sofort, das gehöre zu Geschäften, die ihren Lauf nehmen müßten. Ich hatte übrigens noch die Beruhigung, daß die nächsten Anverwandten alle im Concert waren, was mich nicht wenig erstaunte. Von dem Erfolg des Concertes schreibe ich Dir nicht, Du hast wohl davon gehört; es war eine schöne Woche, die ich in Berlin verlebt u. Gott sei Dank, hatten wir auf der ganzen Reise das schönste Wetter.
Von Eugenie kann ich Dir sagen, daß es ihr viel besser geht, u. wir hoffen das Frühjahr werde sie ganz wieder gesund machen. Leider ist ihre Freundin, die Fillunger, nach England gegangen, um, wenn es ihr glückt, sich dort nieder zu lassen, da sie hier keine Existenz finden konnte; wir müssen wünschen, daß es ihr dort gelingt, für Eugenie aber, thut es mir sehr leid, wenngleich ihr eine große Sorge dadurch genommen wäre.
Ob ich am 7. März wirklich mein Vorhaben, in Leipzig zu spielen, werde ausführen können, weiß ich nicht, muß es abwarten.
Ob ich Dich dort wohl sehe? Ich wage es kaum zu hoffen.
Lebe wohl, Du Liebe, Gute, u. sei umarmt von
Deiner
alten
Clara.
[Umschlag]
Frau Emma Preusser.
Dresden.
28, Lüttichaustraße
part.