Frankfurt a/M d. 10 Febr. 88
Geehrter Herr,
leider kann ich Ihnen heute die gewünschte Unterschrift noch nicht senden, habe, da mich in dem von Ihnen hier aufgesetzten Schreiben Einiges befremdete, Ihren ersten Brief wieder nachgelesen, worin Sie sagen: „Aber, wenn auch gegen den angegebenen Preis an und für sich nichts einzuwenden ist, so machen sich doch mit Rücksicht auf die finanziellen Verhältnisse der Königl. Bibliothek Schwierigkeiten geltend. Vielleicht haben Sie die Güte, diesen Schwierigkeiten in der Weise Rechnung zu tragen, daß Sie entweder den Preis ermäßigen, oder daß Sie Sich freundlichst dazu entschließen, unter Aufrechterhaltung des Preises die Lieder des ruhmgekrönten Sängers und seine Briefe der Obhut der Königl Bibliothek schenkungsweise zuzuwenden ect. ect.“ Wie kommt es nun, daß Sie mir die Auszahlung des Honorars nur theilweise leisten wollen, wenn Sie doch die Lieder (die ich ja den Manuscripten zugleich beifüge) und die Briefe als ein der Bibliothek von mir gemachtes Geschenk betrachten wollen, womit ich von vornherein einverstanden war? Ferner sagen Sie in dem Schreiben unter Paragraph 1: „Abgetreten werden sämmtliche Manuscripte, soweit dieselben sich im Besitze der Frau Schumann oder ihrer Kinder befinden.“ Hier müßte ich um Abänderung dahin bitten, daß Sie nur auf die auf dem Verzeichnisse angegebenen Werke hinweisen, also: „Abgetreten werden sämmtliche auf dem Verzeichniß angegebenen Werke.[“] Sie können doch wohl nicht annehmen, daß ich und meine Kinder uns nicht ein kleines Manuscript-Andenken bewahren sollten, auch könnte es ja sein, daß meine Kinder Gelegenheit fänden sich ein Manuscript zu erwerben, oder von einem Freunde ein Solches zurückerhielten – darüber dürfte sie doch Niemand zur Rede setzen. Und nun muß ich noch wegen der Correspondenz, die also auch ein Geschenk f. d. Bibliothek ist, erwähnen, daß ich mich zu keinem bestimmten Termin zur Uebergabe derselben verpflichten kann, da die Durchsicht aller der Briefe eine höchst langwierige Arbeit ist, und uns möglicherweise längere Zeit kosten kann, als ich jetzt zu übersehen vermag. Natürlich würde ich mein Versprechen so bald als möglich erfüllen, aber die Verpflichtung zu einem bestimmten Termin würde mich höchstens beunruhigen. Es handelt sich nun darum, ob Sie geneigt sind dem Schreiben eine andre Fassung zu geben, die meinen Wünschen entspricht, und lege zugleich das bereits aufgesetzte mit dem Verzeichniß bei. Eine Copie desselben mit Verzeichnung der Lieder folgt dann später, nachdem ich Ihre Antwort erhalten habe.
Indem ich mich Ihnen hochachtungsvoll empfehle zeichne ich mich Ihre
ergeb
Clara Schumann.
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