Frankfurt d. 24 Dec. 1887.
Liebster Joachim,
Sie wundern sich gewiß daß ich heute schreibe, wo alle Menschen fast überbürdet mit Arbeit sind. Ich fühle mich gar nicht wohl, u. muß daher die Kinder alles zur Bescheerung thuen lassen. Warum ich aber an Sie überhaupt schreibe, hat einen besondren Grund. Sie sagten uns in Baden daß Sie in diesem Jahre Ihr 50 jähr. Jubiläum feyerten als Virtuos, und, da wir so gern den Tag wissen wollten, so erkundigten wir uns in Pest und erfuhren nach vielen Bemühungen der Frau v. Floch, daß es im Jahre 1839 am 17ten März war, wo Sie zum ersten Male auftraten – sie will mir auch ein paar Kritiken darüber senden. Sonach wäre es also erst im März 1889 50 Jahre, und ich wollte Ihnen das doch mittheilen. Ich weiß, wie lieb es mir war, als man in Leipzig die Feier für mich beabsichtigte, zu erfahren, daß es ein halbes Jahr zu früh war, so konnte ich diese <diese> Vorfeyer verhindern. Ich denke Sie finden es nicht voreilig von mir, daß ich es Ihnen sage, sondern nur, wie es gemeint, freundschaftlich. Am 1 Jan. werde ich viel bei Ihnen sein in Leipzig. Für Brahms ist es mir freilich immer leid, wenn er in Leipzig öffentlich auftritt, aber für’s Werk ist es immer besser er dirigirt es selbst. Nun meine herzlichsten Wünsche für Sie u. Ihre Lieben – für Sie ist es ein wehmüthiger Festtag auch für uns! In alter Treue
Ihre
Clara Sch.
[Umschlag]
Herrn
Dr Joseph Joachim.
Berlin.
5 Friedrich Wilhelm-
straße I
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