23.01.2024

Briefe



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ID: 11962
Geschrieben am: Freitag 21.08.1885
 

Obersalzberg bei Berchtesgaden d. 21 Aug. 85.
Pension Moritz.
Liebe Freunde!
gestern hatten wir Brief (Marie) von Antonie, der uns meldete, daß Sie nächste Woche zu ihnen reisen würden. Ich war darüber so froh, mein Herz schlug hoch auf bei dem Gedanken, daß Ihnen nun auch einmal eine ungetrübte Freude werden soll, daß ich es Ihnen |2| gleich sagen muß. Wer hätte das gedacht, als Sie damals mit Antonie in London waren, mit wie bangem Herzen, und nun, wie anders, wie viel beglückender <sehen> alle Verhältnisse!
Nur Eines hat mich sehr betrübt, der Gedanke daß Speyer’s doch vielleicht nicht nach Frkf. ziehen – wie hatte ich mir das schon ausgemahlt, die Beiden so nahe uns, und dann Sie Beide alle Jahre ’mal zum Besuch!!! Ueber diese Täuschung bin ich ganz |3| niedergeschlagen! Marie meint aber, Antonie werde sich in England, unter so glücklichen Verhältnissen gewiß sehr behaglich fühlen! nun, freilich, muß man da unegoistisch sein, und ihr das wünschen, was für sie das Beste. Antonie schreibt, als habe sie etwas zu hoffen – ist dem so? –
Liebe, theuere Freundin, Sie haben doch in England wenig zu thuen, bitte, schreiben Sie mir ’mal recht ausführlich, wie Sie Alles u. Alle gefunden! wie reizend müssen auch |4| die Kinder sein – welch ein Glück f. Ant. Ich bin wirklich erregt, als wäre Antonie mein Kind! –
Von uns kann ich Ihnen nicht durchaus Gutes sagen, ich bin immer nicht recht wohl, hier noch besser als in Gastein, die Luft finde ich aber herrlich wie immer. Viel habe ich, und Marie ebenso, zu thuen. Wir haben jetzt Roberts Briefe zur Herausgabe fertig gemacht – sie erscheinen Ende Octbr. – ich glaube sie werden Ihnen und besonders Ihrem lieben Manne Freude machen, u. Sie werden dabei getreulich auch meiner gedenken. |5| Das war eine große Arbeit, u. noch immer sitzen wir am Schluß; was giebt es da immer zu copieren, zu überlegen ect. ect. Musikalien-Correcturen habe ich auch massenhaft, auch übe ich jetzt, seit ich hier bin, täglich Etwas – ich denke doch, wills Gott, noch ’mal nach England zu gehen. Wie freue ich mich dann auf einige gemüthliche Stunden in Speyer’s Hause! –
Eug. ist nicht mit uns sondern mit der Fillu i. d. Schweiz. Sie war so sehr unwohl, u. eine totale Ruhe ganz nöthig für sie, die sie aber in meiner Nähe nie haben kann. |6| Ich denke, daß wir am 10ten Septbr wieder zu Haus sind – diesmal früher, weil der Bildhauer Hildebrand (einer der genialsten der jetzt lebenden Bildhauer aus Florenz) mein Relief machen will, u. dazu nach Frkf. kommt. Er hat mich schon immer darum angegangen u. die Kinder wünschen es auch schon so lange, daß ich mich endlich entschloß.
Marie schreibt an Antonie, bitte geben Sie ihr den Brief, sie hat uns ihre Adresse in Eastbourne nicht gegeben. – Und nun, liebe, gute Freunde, wünsche ich Ihnen recht ungetrübte Zeit mit den Kindern – ich werde im Geiste oft bei Ihnen sein, wie Sie mich kennen, in alter Liebe u. Treue. Ihre
Clara Schumann.
An Speyers meine wärmsten Grüße. Marie bittet durch Carte um Speyers Adr. in Eastb. sie kann nicht mit schreiben hat so viel zu thuen. Sie dankt Antonien einstweilen herzlich f. d. Brief – ich auch!
Auf Betty freuen wir uns sehr.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Berchtesgaden
  Empfänger: Kufferath, Christine u. Kufferath, Hubert Ferdinand (40443)
  Empfangsort: Brüssel
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 13
Robert und Clara Schumann im Briefwechsel mit den Familien Verhulst, Kufferath/Speyer und Engelmann sowie anderen Korrespondenten in Belgien und den Niederlanden / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Eva Katharina Klein, Anselm Eber und Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2024
ISBN: 978-3-86846-024-7
325-328

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 10349,20-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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