23.01.2024

Briefe



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ID: 11489
Geschrieben am: Dienstag 07.02.1882
 

Frkf. d. 7 Febr. 82

Lieber Stockhausen,
wenn Ihre Schüler Ihre Erlaubniß, zum Mitsingen bei mir, nicht eingeholt, so war das allerdings ein Versehen von Seiten Dieser, daß ich aber Keinen Derselben auffordern dürfe ohne selbst Ihre Bewilligung zu erbitten, das konnte ich nicht wissen, und um soweniger nur entfernt daran denken, als es sich durchaus nicht um Solo- Gesang handelte. Am allerwenigsten hätte es mir aber einfallen können, Sie, den so vielfach beschäfftigten Mann, mit dem Einstudieren eines Werkes für mich zu belästigen. Wie konnte ich ahnden, daß Ihre Schüler, die sich wöchentlich im Chorgesang üben, nicht ein paar Lieder mitsingen könnten, ohne von Ihnen dazu vorbereitet zu sein? - Daß wir Ihnen Sonnabend Abend nichts von der Sache sagten mußte Ihnen ein Beweis sein, wie wenig wir etwas von Ihrer Erzürnung ahndeten. Ich hätte es freundschaftlicher gefunden, wenn sie [sic] mir, statt eine Stunde vor der Probe, wo wir die Damen bereits erwarteten, schon am Sonnabend Abend davon gesagt hätten, da Sie, wie Sie sagen, daran gedacht haben. Was die Aufführung der Rose im Frühjahr betrifft, so muß ich, die ich Ihnen wohl als strenge Kritikerin bekannt bin, Ihnen sagen, daß ich die Aufführung reizend fand, und wundere mich, daß Sie, nachdem Sie einer der Chorproben kaum ¼ Stunde beigewohnt, ein so unfreund- liches Urtheil aussprechen, ohne die Aufführung selbst ge- hört zu haben. Eugenie hatte übrigens damals nur Herrn Schubart aufgefordert, der ihr die andren Herren zugeführt hat. Sowohl Herr Schubart als auch H. v. Löwenberg, auch Frl. Tiedemann, hatte sie schon öfter in Gesellschaften singen hören, konnte also nicht voraussagen daß Sie es gerade bei uns nicht wünschen würden. Ihnen mit meinem harmlosen kleinen Chor- Vergnügen so viel Aerger bereitet zu haben, thut mir aufrichtig leid. Daß ich unter diesen Umständen nicht mehr auf Ihre Schüler rechne, müssen Sie natürlich finden, ich könnte es ja gar nicht verantworten, wenn sich die Eine oder Andre dabei anstrengte, und dann andren Tages bei Ihnen in der Stunde ihre Schuldigkeit nicht thun könnte.

Mit bestem Gruße
wie immer
Ihre ergeb
Clara Schumann.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Stockhausen, Julius (1547)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 7
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Jenny Lind-Goldschmidt, Wilhelmine Schröder-Devrient, Julius Stockhausen, Pauline Viardot-Garcia und anderen Sängern und Sängerinnen / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Jelena Josic, Thomas Synofzik, Anselm Eber und Carlos Lozano Fernandez / Dohr / Erschienen: 2023
ISBN: 978-3-86846-018-6
784f.

  Standort/Quelle:*) D-F, s: Nachl. Stockhausen 43
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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