Breslau d. 19 Nov. 1879.
Geehrter Herr Director,
Sie werden sich nicht wundern, wenn ich nochmals auf die Angelegenheit mit Fräulein Fromm zurückkomme. Sie kennen mein Interresse an der Sache und werden verstehen, daß Dieselbe für mich nicht abgeschlossen ist. Durch mein früheres Versprechen mich verpflichtet fühlend, bat ich die Mutter um Aufklärung. Deren sehr discrete Mittheilungen aber können mir weder |2| genügen, noch mich beruhigen. Ich nehme gern an, daß Sie Ihre besonderen und auch triftigen Gründe gehabt haben so zu handeln, wie Sie es gethan. Ich aber habe das Mädchen durch mein Versprechen, sie zu unterrichten, zur Reise veranlaßt, und, so lieb es mir auch wäre, Ihre etwaigen Gründe anerkennen zu dürfen: auf meinen Entschluß können sie keinen Einfluß haben, und dieser mein Entschluß kann nur sein, das Mädchen sofort selbst zu unterrichten. – Ich bitte |3| also jedenfalls hierüber mich umgehend zu beruhigen. Ich kann unter keinen Umständen davon abgehen, und es wird mir sogar schwer, jetzt so ruhig über eine Angelegenheit zu schreiben, die mich gar sehr und unangenehm aufregt. Keinesfalls möchte ich in die Lage kommen irgend welche von Ihrem Standpuncte aus <berech> noch so berechtigte Einwendungen erwiedern zu müssen. Dies würde für mich zu spät sein, und, so weit die Sache mich angeht, ist sie einfach und nur auf diese Weise |4| zu erledigen. Ich erbitte mir die Antwort hierauf nach meiner Wohnung in Frkfurt, wohin ich Sonntag zurückzukehren denke. Es ist mir wahrhaft leid wenn ich Ihnen durch meine Forderung Unannehmlichkeit bereite, jedoch müssen Sie sich selbst sagen, wie ganz schuldlos ich in dieser Sache bin.
Hochachtungsvoll
Clara Schumann.
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