Leipzig d. 15/9 40
Meine liebe Marie,
lassen Sie Sich danken für das freundliche Andenken welches mir meine Mutter überbrachte. Unendlich leid thut es mir, daß ich Sie nun vielleicht lange nicht wieder sehe – wie gern plauderte ich wieder einmal ein Stündchen mit Ihnen! Sie würden nicht mehr die Melancholische in mir, sondern ein hochbeglücktes Weib finden, und das würde Ihnen, Sie liebe theilnehmende Freundin, gewiß Freude machen. Wie ich gehört ist Ihnen Ihr Landaufenthalt sehr wohl bekommen, und da muß man Ihnen denn von ganzem Herzen gratulieren. Ihren lieben Eltern geht es auch wohl, hoffe ich? grüßen Sie sie schönstens, und schreiben Sie mir recht bald einmal mit der Mama ein paar Zeilen – Sie machen mir viel Freude damit. Das Riechkissen genehmigen Sie als ganz kleines Andenken – ich fürchte, es hat den Geruch schon etwas verloren, indem es schon lange bei mir lag.
Von ganzer Seele seyen Sie nun noch geküßt von
Ihrer aufrichtigen
Clara Schumann.
NB: Robert grüßt – ach, das ist ein gar lieber Mann, ich kann nicht genug dem Himmel danken!
Besuchen Sie uns doch einmal in Leipzig, meine liebe Marie, das wäre eine große Freude für mich, die Sie so herzlich liebt.
adieu noch einmal!
Fräulein
Fräulein Marie Lichtenstein
Berlin.
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