23.01.2024

Briefe



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ID: 10316
Geschrieben am: Mittwoch 26.06.1872
 

Baden d. 26 Juni 1872.
Meine liebe Frau Joachim, bin ich doch am Morgen des 28ten mit ganzer Seele bei dem theueren Manne, mit allen treuen Wünschen, möchte ich, daß Sie es auch wüßten und auch meinen innigsten Gruß fühlten! wie thut Er mir leid so ganz ohne Eines seiner Lieben an dem Tage. Briefe werden aber wohl ein hübsches Päckchen nach Berlin gewandert sein! |2| Sie haben neulich meine Eugenie sehr erfreut mit Ihrem lieben Briefe worin nur Eines mir nicht gefiel, und mich bestürzte; Sie schrieben, Sie würden vielleicht wieder hergestellt, das klingt ja traurig! fühlen Sie sich so unwohl? bitte, sagen Sie mir etwas darüber. Sie sind ja so jung und kräfftig, erst im Anbeginn Ihrer Frauen und Mutter-Freuden! – Ich hoffe, Sie fühlen sich jetzt schon wohler, und überlassen sich nicht trüben Gedanken. Langweilig aber ist ein solcher Aufenthalt in Kreuznach – das kenne ich aus Erfahrung! – |3| Wie sehr hatte ich auf ein Begegnen mit Ihnen in der Schweiz gehofft, und nun hörte ich neulich von Ihrem Schwager, daß Sie nach Folkstone gehen! da ist nun freilich jede Möglichkeit aufgehoben, daß wir uns sehen. Ich werde mich wohl bald aufmachen, weiß nur noch nicht wohin! Mitte Aug. muß ich zurück sein, da kommt unser Julchen mit Mann und ältestem Kinde – eine frohe Aussicht für uns. Es trifft sich so gut, daß Julie nebenan von uns ein nettes Logie haben kann, so daß sie eigne Wirthschaft führt, was für sie und uns angenehm ist, denn Marmorito ist doch anders gewöhnt, und mit |4|unserer Dienstboten-Noth könnten wir es gar <> nicht unternehmen täglich Tischgäste zu haben. Marie hat recht viel Plage bis jetzt gehabt – wir hatten schlechte Dienstboten – erst jetzt schwindet das häusliche Misere etwas. Wie Einem [sic] das aber verstimmt, kann nur wissen, wer es erfahren hat. Ich soll Sie sehr von den Kindern grüßen – Eugenie schreibt nächstens einmal, sie dankt einstweilen sehr. Sie sollten sie ’mal sehen, wie sie frisch und blühend zurückgekehrt.
Liebe theuere Frau, lassen Sie mich ’mal von sich und dem lieben Jo hören, ich verlange sehr darnach. Die Kinder küsse ich Alle im Geiste und umarme Sie von ganzem Herzen und mit innigsten Wünschen als
Ihre getreue Clara Schumann.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Baden-Baden
  Empfänger: Joachim, Amalie geb. Schneeweiß (2468)
  Empfangsort: Kreuznach
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 2
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Joseph Joachim und seiner Familie / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz / Dohr / Erschienen: 2019
ISBN: 978-3-86846-013-1
1065ff.

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 6707-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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