Wildbad d. 8 Aug 1859.
Verehrteste Frau,
durch Herrn Moritz Hartmann, der sich hier zur Cur aufhielt, erfuhr ich, Sie hätten ein neues schönes Liederheft für den Druck bereit, könnten aber keinen Verleger dafür finden. Wollen Sie es meiner Hochschätzung für Sie als Künstlerin zuschreiben, wenn ich Ihnen meine Hülfe anbiete, da durch meinen öfteren persönlichen Verkehr mit Verlegern mir es leichter werden dürfte einen Solchen für Ihre Lieder zu finden. Wollen Sie mir mittheilen, |2| welches Honorar Sie dafür bestimmten? wollen Sie mir dann die Lieder auch senden? Sie würden in jedem Falle mir eine Freude gewähren, durch deren Sendung, auch wenn ich Ihnen nicht mehr mit der Veröffentlichung dienen könnte. Vielleicht haben Sie jetzt doch schon einen Verleger? Ich stehe noch in Ihrer Schuld mit einem Blatt für Ihr Album! glauben Sie, verehrte Frau, nicht, daß ich es vergessen. Nur das stete Herumreisen hinderte mich an der Erfüllung meines Versprechens. Ich hörte zu meiner großen Betrübniß, es gehe Ihnen |3| gar nicht gut? können Sie nicht Tübingen verlassen? sollte eine Musikerin wie Sie nicht in einer größeren Stadt einen befriedigenderen Wirkungskreis finden? wie gern spräche ich Sie einmal darüber! wäre nur von Stuttgart die Eisenbahn nach Tübingen fertig! es ist möglich, daß ich in einigen Wochen nach Stuttgart komme, könnte ich Sie dann kennen lernen!
Sagen Sie mir, ob ich Ihnen <in> irgendwie in Etwas dienen könnte, eine <P> angenehme Pflicht sollte es mir sein.
Halten Sie mich nicht |4| für zudringlich, ich bin es nicht. Zu Ihnen führt mich nur die innigste Theilnahme für die Kunstgenossin und die Mutter, die, wie ich, allein steht, und für eine zahlreiche Familie zu sorgen hat.
Ich bleibe hier noch 14 Tage, meine Adresse ist: bei der Bade-Kassirer-Wittwe Pfleiderer.
Ihrer Antwort entgegensehend verbleibe ich in herzlicher Hochschätzung
Ihre
ergeb
Clara Schumann.
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