Berlin d. 8 April 58.
Liebster Joachim,
gestern nach Ihrem Fortgange war’s recht oede und traurig bei mir, und ist’s heute eben so! ich dachte noch lange gestern Abend an Sie, und fürchtete recht Sie würden von der Kälte leiden, denn hier fror es Eis! Ich kramte gestern noch in meines Mannes Noten, und fand beifolgende Begleitung zur Fantasie, was mir recht lieb war. Die bewußte Kette liegt bei – leider ist sie nicht ganz wie die von Johannes, doch finde ich sie nicht minder hübsch, daher ich sie schicke. Von Joh. erhielt ich diesen Morgen Brief; er hat Avé besucht, schreibt „Aber wie ledern und mager kam mir der gute Mann vor, wo ich mir eben einen Champagner-Rausch bei Euch getrunken hatte!“ Er hat vor seiner Abreise erst noch eine höchst ungemüthliche Stunde in der Eisenbahn-Restauration unter verschlafenen, Stubenkehrenden Mägden verbracht. Sonst giebt es gar Nichts zu schreiben – Alles ist wie Sie es verlassen, nur recht vieles stiller. Ich konnte noch gar nicht wieder spielen, es fehlt der Muth noch gar zu sehr. Sie wissen es doch, daß ich Sie gestern nicht zur Eisenbahn begleitete, weil Sie es nicht mögen – es war mir aber ein Opfer! Schreiben Sie mir jetzt nicht, nur recht bald von London aus. Vorher werden Sie noch genug zu thuen haben, und ich möchte nicht daß der Brief an mich mit zu den noch nöthig abgethanenen Geschäfften gehörte. Sie sehen, ich bin nicht eben bescheiden. Das sind viel Worte um Nichts, nun kommt aber zu dem alten noch recht viel neuer Dank Tausend und aber tausend Dank für Ihre Freundschaft – den nehmen Sie recht für voll an. Gott schütze Sie auf Ihrer Reise.
Bleiben Sie gut
Ihrer
getreuen Freundin
Cl. Schl.
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