Frankfurt a/M d. 22. August 59.
Verehrteste Frau Schumann!
Ich beeile mich, Ihnen die Resultate meines Heidelberger Aufenthaltes mitzutheilen, in so weit sie sich auf das Knabeninstitut beziehen. Herr Prof. Hofman, der Vorsteher und Besitzer, hat mir bei näherer Bekanntschaft noch mehr Vertrauen eingeflößt, als im vorigen Jahre; er ist ein braver, unterrichteter, strebender, gewissenhafter Mann, ohne jene Pedanterie, welche sonst Pädagogen von Profession auszeichnet. Seine Frau ist gut, einfach, anspruchslos u. gebildet. Väter u Vormünder, die bei diesem Institute interessirt sind, u. bei denen ich mich mehrfach zu erkundigen Gelegenheit hätte, empfehlen es sehr aufrichtig u. andere habe ich kennen gelernt, in Stuttgart u. in Heidelberg, die nur das gehörige Alter ihrer Kinder abwarten, um sie ebenfalls Herrn Hofman anzuvertrauen. Die Zöglinge selbst habe ich dieses Mal nicht gesehen, da sie sämmtlich auf Ferienreise waren. Was nun den Kostenpunkt betrifft, so will Herr Hoffmann die Kinder Robert Schumanns u. Clara Wiecks um jeden Preis, das ist, auch um den geringsten in seiner Anstalt aufnehmen. |2| Das sprach er aus, sobald ich im Laufe der Unterhandlung gezwungen war, den Nahmen der Kinder, um die es sich handelt, zu verrathen. Sie werden ihm zahlen, was Sie in Jena bezahlt haben. Das ist seine Forderung. Der brave Mann ist ein alter Verehrer von Ihnen, wie alle braven Leute, womit ich mir selbst ein Kompliment mache, nicht Ihnen. – Haben Sie mir, verehrteste Frau, etwas über den Gegenstand zu sagen, dann schreiben Sie mir gefälligst hierher, an Herrn Joseph Hiller, Neue Kräme, Nro 10. Ich werde im Stande sein, diese Angelegenheit weiter zu führen, da ich höchst wahrscheinlich in einigen Tagen nach Heidelberg zurück<zu>kehre u. mich daselbst vielleicht zu Herrn Hofman in Pension gebe. Ich werde dann Gelegenheit haben, Haus u. Menschen nah durch 3 o. 4 Wochen zu beobachten u. Ihnen nähere Auskunft zu geben. Bei Ihrer Rückkehr aus der Schweiz können Sie dann in Heidelberg Halt machen u. die Sache beschließen. Bis dahin bleibt natürlich die Frage eine offene. Wenn ich nach H. gehe, schreibe ich Ihnen von dort nach Winterthur. – So viel in Eile u. furchtbarer Hitze. Empfehlen Sie mich aufs Angelegentlichste Frl. Marie, den Damen Lesser u. Jungué. Wenn Sie die Ehre, die mir gestiftet, mit Herrn Moritz zusammenführt, bitte ich, auch ihm meine herzlichsten Grüße zu bestellen.
|3| Ganz im Gegensatz zu Ihnen u. ohne alle Skrupel u. Ueberlegung nehme ich folgenden Briefschluß:
Ihr, Ihnen von ganzem Herzen ergebener, sehr ergebener, gar sehr ergebener, zu allen Diensten bereitwilliger
Moritz Hartmann