Kiel d. 11 July 1875.
Lieber, verehrter Herr
zu meinem Leidwesen ersehe ich aus Ihrem Schreiben, daß Sie auf meine Bedingungen nicht eingehen können. Sie schreiben mir jedoch nicht, ob man geneigt sein würde, mich durch einen höheren Gehalt für den Verlust des Pension und Wohnungsgeldes zu entschädigen? ich ergreife jetzt diesen Ausweg, weil ich glaubte, es würde sich dadurch die Angelegenheit etwas leichter regeln lassen – früher, wissen Sie, hatte ich nicht daran gedacht. Da wir nun aber auf diesem Wege zu keinem Resultat kommen, so muß ich mich doch meiner früheren Forderung wieder nähern, und würde in Anbetracht der manchen Erleichterungen, die man mir zugestehen will, auf ein Gehalt von 1500 Thalern Anspruch machen. Unter diesem Honorar kann ich mich nicht verpflichten eine Stellung anzunehmen, die mir, trotz der geringen Anzahl Stunden, die ich zu geben hätte, doch eine Fessel auferlegt, an die ich mich vielleicht schwer gewöhnen werde. Wollen Sie mir gütigst bald eine Antwort hierauf zukommen lassen, weil ich, im Falle die Sache arrangirte sich nicht für den nächsten Winter, meine Reise noch etwas länger ausdehnen würde. Wie sehr beklage ich Ihre theuere Frau, welch ein Kummer muß es ihr sein den armen Vater so leiden zu sehen, und Sie so viel allein zu wissen! Möchte doch der Himmel die Krankheit noch zum Besseren wenden!
Grüßen Sie Ihre liebe Frau und seyen Sie Beide versichert der wärmsten Ergebenheit
Ihrer
Clara Schumann.
Wir verlassen Kiel am 15t Adresse: Klosters, Gr. Graubünden Schweiz. Poste restante.
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